Banker, Makler, Spekulanten

Die Liste der Woche: Filme über die Finanzbranche

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Mit dem Geldverdienen ist es wie mit Drogen: Wenn man es übertreibt, ist es berauschend, dann exzessiv. Wie es zur Orgie ausarten kann, führt Martin Scorsese in seinem neuesten Film The Wolf of Wall Street im Kino vor. Ein weiterer Kommentar zum dekadenten Kapitalismus und seiner moralischen Krise. Nicht erst seit 2008 hat die Filmindustrie das Thema Finanzwelt für sich entdeckt. Doch allzu viele Filme darüber gibt es nicht: Ironischerweise bringt ein Film übers Geldmachen nicht viel Geld ein – außer bei Scorsese natürlich. Trotzdem muss das trockene Thema nicht langweilig inszeniert sein: Wir haben eine Liste mit den interessantesten Werken zusammengestellt. Auffällig ist, dass es in den meisten der acht Filme nicht primär um Geld geht, sondern um den Reiz oder die Notwendigkeit des Geldverdienens. Im Mittelpunkt stehen Zocker, die angetrieben sind vom Erfolg oder Existenzängsten und dabei meist zu Lügnern und Selbstbetrügern werden. (Den „Soundtrack“ zum Thema gibt es hier.)

  1. Der große Crash
  2. Arbitrage
  3. Glengarry Glen Ross
  4. Wall Street
  5. Risiko – Der schnellste Weg zum Reichtum
  6. Owning Mahowny
  7. Das schnelle Geld – Die Nick-Leeson-Story
  8. Das Geld anderer Leute

Das Geld anderer Leute (Other People’s Money, USA 1991, Regie: Norman Jewison)

Das Geld anderer Leute„Ich liebe Geld mehr als alles, was man dafür kaufen kann“, sagt der Aktienhändler Garfield (Danny DeVito) zu Beginn des Films, der ebenso wenig subtil ist wie sein Protagonist. Die Story ist einfach: Ein reicher Mann versucht, eine traditionelle, solide Kabelfabrik zu kaufen, während sich die Inhaber dagegen sträuben. Eine junge hübsche Anwältin versucht ihr bestes, gegen die Übernahme vorzugehen, während sich Garfield in sie verliebt. Naja. Das Ganze taugt weder als richtige Komödie noch als Drama. Also nennen wir den Film mal wohlwollend eine Satire, deren Botschaft in typisch amerikanischer Manier mit dem Holzhammer daherkommt: Garfield beschreibt sein Geschäft als  „Das beste Spiel der Welt: Sie verdienen so viel Sie können, solange Sie es können. Wer am meisten hat, wenn er tot ist, hat gewonnen. Das ist das amerikanische System. … Ich bin Kapitalist. Ich befolge nur das Gesetz der freien Marktwirtschaft … Überleben wird nur der Beste. … Die können so viele Gesetze erlassen wie sie wollen. Alles, was die tun können, ist, die Regeln ändern. Sie können niemals das Spiel stoppen. Ich gehe nicht unter, ich werde mich anpassen.“ Am Ende darf der Firmeneigner mit dem Kapitalisten abrechnen: Er sei ein „Unternehmertyp, der nichts hinterlässt und aufbaut, außer einem Berg von Papier … Diese Geschäftemacher haben dort nur Dollarnoten, wo sie ein Gewissen haben sollten.“ Doch schließlich gewinnt der Kapitalismus in jeder Hinsicht – und das Tolle: Alle sind glücklich und zufrieden. Nennen wir den Film also ein Märchen. Zu schön, um wahr zu sein.

Das schnelle Geld – Die Nick-Leeson-Story (Rogue Trader, UK 1999, Regie: James Dearden)

Rogue TraderDie Börse als Casino. So sieht es der junge, aufstrebende Trader Nick Leeson (Ewan McGregor), als er an der Börse in Singapur für eine britische Bank Geschäfte macht. Zunächst ist er erfolgreich, dann macht er Verluste, er schafft es, sie auszugleichen, doch als seine Zockerei erneut Miese macht, steigert er sich so sehr in die Risiko-Geschäfte hinein, dass die Verluste in die hunderte Millionen Pfund gehen. Doch Leeson macht weiter, vor allem mit dem Lügen. Das kann nicht gut ausgehen … – Der Film, wenn auch ganz solide gemacht, ist nicht gerade ein Meisterwerk, ästhetisch uninteressant und das Drehbuch eher Mittelmaß. Das ist schade, weil man aus der Story, die auf einer wahren Geschichte basiert, mehr hätte machen können. Dennoch sehenswert macht ihn Ewan McGregor, der die Handlung aus dem Off erzählt, und einen Typus von Karrierist darstellt, dem es nicht um Geld, sondern um den bloßen Rausch des Erfolges geht.

Owning Mahowny (Kanda/Großbritannien 2003, Regie: Richard Kwietniowski)

Owning MahownyEin Banker im Casino. Man kann sich leicht ausrechnen, dass das nicht gutgehen kann. Philip Seymour Hoffman gibt eine Glanzvorstellung als introvertierter, spielsüchtiger Bankangestellter Mahowny, der mit Tricks und Lügen fremdes Geld abzweigt, um damit seine Zockerei zu finanzieren – auf der Rennbahn, bei Sportwettern und an den Spieltischen. Je höher die Verluste werden, desto mehr steigert Mahowny sich hinein. In Las Vegas vergisst er, dass er mit seiner Freundin hingefahren ist. Am Ende kommt der dicke Gewinn, aber ein Zocker hört erst auf, wenn er nichts mehr hat … – Im Grunde ein billiger, nicht durchgehend überzeugender Film. Dennoch lohnt es sich, Philip Seymour Hoffman bei der Arbeit zuzusehen, auch wenn der Irrsinn des Glücksspielers dabei wehtut.

Risiko – Der schnellste Weg zum Reichtum (Boiler Room, USA 2000, Regie: Ben Younger)

boilerroomNoch einmal Casino: Der 19-jährige Studienabbrecher Seth Davis (Giovanni Ribisi) will reich werden. Dazu betreibt er eine illegale Spielhölle bei sich zu Hause, bis ein Freund einen Broker mitbringt, der ihn in den Aktienhandel einführt. Davis fängt bei der Firma J.T. Marlin als Trainee an, wo er am Telefon Kunden bequatscht, Wertpapiere zu kaufen. Später wird er selbst Broker. Doch schon bald merkt er, dass die Firma ein dubioses Geschäft betreibt. Schlechten Gewissens muss er seinen Kunden wertloses Zeug andrehen und sie dabei ruinieren. Am Ende wünscht er sich, er wäre vielleicht doch lieber bei seinem Casino geblieben. Denn das war zwar illegal, aber immerhin zockte er seine Kunden auf ihren Wunsch hin ab. – Der Film kommt zuweilen so cool daher wie ein Musikvideo, ist meistens aber ein klassisches Drama, das seinen Kern in einer gestörten Vater-Sohn-Beziehung hat. Obwohl der Film stark in der Schuld von Wall Street steht (und den Film auch zitiert) sowie zum Übertreiben und zu Stilbrüchen neigt (die Liebesgeschichte wirkt bemüht), ist er ein sehenswertes Stück über die Verführung des schnellen Reichtums.

Wall Street (USA 1987, Regie: Oliver Stone)

Wall StreetDer Klassiker, der Prototyp. „Gier ist gut“, lehrt uns Michael Douglas alias Gordon Gekko in seiner legendären Ansprache. „Die Gier ist richtig. Die Gier funktioniert. Die Gier klärt die Dinge, durchdringt sie und ist der Kern jedes fortschrittlichen Geistes. Gier in all ihren Formen – die Gier nach Geld, Liebe, Wissen – hat die Entwicklung der Menschheit geprägt. Und die Gier wird die Rettung sein … für die schlecht laufende Firma USA.“ Diese Worte haben es immer noch in sich, weil sie einen verführerischen wahren Kern haben, aber so fatal sind. Bei dem Mann, der diese Worte spricht, geht der Held, der junge Broker Bud Fox, in die Lehre – und wird dabei von Gekko ausgenutzt und ausgetrickst. „Es geht nur um die Kohlen, Junge“, sagt dieser zu ihm. „Alles andere ist völlig unwichtig.“ Die Blase platzt, es folgt die ernüchternde Lehre: „Ich erschaffe gar nichts. Ich besitze. Aber nach unseren Regeln wird gespielt. … Du bist doch nicht so naiv und glaubst, dass wir in einer Demokratie leben, oder Buddy? Das ist die freie Marktwirtschaft.“ Von Gekko lernen heißt fürchten lernen. (Die Fortsetzung aus dem Jahr 2010 kann man sich übrigens sparen.)

Glengarry Glen Ross (USA 1992, Regie: James Foley)

Glengarry„Abschluss bedeutet Cash“: Ein Immobilienbüro in den USA. Eine Gruppe von Maklern bekommt eines Abends kräftig den Marsch geblasen: Ein großkotziger Einheizer der Firma macht ihnen klar, dass sie gefeuert sind, wenn sie nicht zu mehr Abschlüssen kommen. Wer am meisten verkauft, bekommt ein Auto, der zweite sechs Steakmesser, der Rest fliegt raus. Sie haben eine Woche Zeit. „In diesem Leben gibt es nur eine Sache, die zählt: Die Unterschrift der Kunden unter den Verträgen“, sagt der Typ, der sich selbst nur über sein Einkommen, sein Auto und seine Uhr definiert. Die meisten bringt das zur Verzweiflung, am meisten den Ältesten der Gruppe, der seit geraumer Zeit vom Pech verfolgt ist und niemandem etwas andrehen kann. Einer kommt auf die Idee, nachts ins Büro einzubrechen und die Adresskartei mit den potenziellen Interessenten zu stehlen. Am nächsten Morgen ist es passiert, zwei Makler – der älteste und der Spitzenreiter – haben etwas verkauft. Während die Polizei alle Mitarbeiter befragt, wird offenbar, mit welchen krummen Touren die Erfolgreichen zu ihren Verkäufen gekommen sind. – Ein Kammerspiel über Erfolgsdruck und skrupellose Verkaufsgeschäfte auf Teufel-komm-raus. Eine Traumbesetzung: Al Pacino, Ed Harris, Kevin Spacey, Alec Baldwin, Alan Arkin und Jack Lemmon.

Arbitrage (USA 2012, Regie: Nicholas Jarecki)

ArbitrageArbitrage, so lehrt es Wikipedia, „bezeichnet das Ausnutzen von Preisunterschieden für gleiche Waren auf verschiedenen Märkten“. Richard Gere spielt Robert Miller, einen 60 Jahre alten Investmentbanker, der auf eine offenbar erfolgreiche Karriere zurückblicken kann. Das Wichtigste aber, so sagt er selbst, sei seine Familie. Also zur Abwechslung mal nicht der raffgierige, geld- und erfolgsgeile Kapitalist? Nein, auch Miller hat keine weiße Weste: Er hat sich verspekuliert und um seine Firma erfolgreich verkaufen zu können, hat er seine Bilanzen frisiert, daneben hat er eine Affäre mit einer jungen Möchtegernkünstlerin. Dann kommt es zu einem Unfall: Seine Freundin stirbt bei einem Autounfall, den er selbst verursacht hat. Hier könnte der Film zu Ende sein: Millers Karriere und Ehe sind im Eimer. Doch Miller versucht, die Angelegenheit zu vertuschen – vor allem, um das Geschäft nicht zu gefährden. Doch ein Polizist lässt sich nicht täuschen, und auch Millers Tochter entdeckt, dass ihr Vater ein Betrüger ist. Den Geschäftspartnern macht das aber offenbar nichts aus. Am Ende ist also alles gut – doch nur an der Oberfläche. – Die größte Stärke des Films ist, dass er an der richtigen Stelle aufhört, nämlich wenn alles in der Schwebe ist.

Der große Crash (Margin Call, USA 2011, Regie: J.C. Chandor)

Margin CallDer Film zur jüngsten Finanzkrise: Was hier passiert, kapieren eigentlich nur die wenigsten der Filmfiguren. Nur so viel ist klar: Das Finanzunternehmen sitzt auf einem Haufen Acids, toxischer Papiere – und die müssen unbedingt weg, wenn es nicht untergehen will. Als das ein junger Analyst eines Abends herausfindet, dämmert den Chefs, dass sie vielleicht besser nicht den Mann hätten feuern sollen, der die Sache als einziger hat kommen sehen. Vielleicht hätten sie auch früher auf andere Warnungen hören sollen. Egal: Es geht ziemlich abgebrüht zu in diesen Büros, vor allem als es darum geht, den Müll abzustoßen und den Kunden wertloses Zeug anzudrehen. „Es ist nur Geld“, sagt der Oberboss, der leicht Reden hat, weil er genug davon besitzt. – Der Autor und Regisseur J.C. Chandor zeigt in seinem ruhigen Kammerspiel einen Tag im Leben von Menschen, die eine Katastrophe zu spät erkennen und damit leben müssen, sie nun auf den gesamten Finanzmarkt abgewälzt zu haben. Trotz aller Kaltschnäuzigkeit geht es sehr menschlich zu, obwohl die Figuren nicht viel Zeit haben, sich zu profilieren, bekommen sie durch Nuancen eine Tiefe. Wie etwa Kevin Spacey, der, während Menschen in seinem Büro entlassen werden, um seinen kranken Hund trauert und am Ende das Tier, nachdem es stirbt,  im Garten seiner Ex-Frau begräbt. Immerhin hat er zuvor angedeutet, dass es vielleicht besser gewesen wäre, Löcher auszuheben, als sich im Finanzwesen die Hände schmutzig zu machen. Bei der Absurdität, die sich hier abspielt, kommt man aus dem Kopfschütteln nicht mehr raus. Es bleibt einem nichts übrig, als sich ins Lachen zu flüchten.

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