Die Jagd nach dem Knüller

Die Liste der Woche: Journalistenfilme
Good Night and Good Luck

Good Night and Good Luck

So spannend die Arbeit von Journalisten sein kann, so schwer ist aus ihr ein spannender Film zu  machen. Selten geben die mühsamen Prozesse der Recherche, der Interviews und anderer Hindernisse genug für eine gute Geschichte her. Die gute Geschichte gibt es im Idealfall zu lesen, der Weg dorthin bleibt meistens unerzählt. Einige Filmemacher haben es dennoch versucht. Wir stellen einige Filme über Journalisten vor.

  1. Network (1976)
  2. Frost/Nixon (2008)
  3. State of Play (2009)
  4. Insider (1999)
  5. Die Unbestechlichen (1976)
  6. Extrablatt (1974)
  7. Good Night and Good Luck (2005)
  8. Schlagzeilen (1994)
  9. Nachrichtenfieber – Broadcast News (1987)

Nachrichtenfieber (Broadcast News, 1987, Regie: James L. Brooks)

Ein Nachrichtensprecher, der nicht zum Journalisten taugt (John Hurt). Ein Journalist, der nicht zum Sprecher taugt. Eine Journalistin, die zwischen beiden Männern steht (Holly Hunter). Eigentlich geht es um diese Dreiecksbeziehung, den Hintergrund bildet eine Nachrichtenredaktion bei einem Fernsehsender. Das allerdings weder besonders witzig noch einnehmend. Die Charaktere bleiben oberflächlich, der Konflikt bemüht. Ach ja, am Ende geht es um das Berufsethos des Journalisten und um Manipulation von Fernsehinterviews. Geschenkt.

Schlagzeilen (The Paper, 1994, Regie: Ron Howard)

Einblicke in eine Zeitungsredaktion: Michael Keaton spielt einen idealistischen Redakteur, der für eine gute Story alles tut, aber bald die Zeitung wechseln will, um in einer ruhigeren Position mehr Zeit für seine Familie zu haben. Er ist einer von vielen ’schrulligen‘ Charakteren im Büro. Leider so gewollt schrullig, dass es nervt. Vordergründig geht es um einen Mord, für den die Falschen verdächtigt werden. Der Hauptcharakter hängt sich in die Recherche, um die Sache mit einem Bericht richtig zu stellen. Spätestens wenn beim Finale ein Kampf um den Stopp der Druckmaschinen entbrennt, wird der Film peinlich. Das Hauptproblem ist, dass der Film weder als Komödie noch als Drama taugt und so trotz aller Ambition belanglos bleibt.

Good Night and Good Luck (2005, Regie: George Clooney)

Der Kritikerliebling. Und man kann sich denken, warum: Eine coole 50er Jahre-Atmosphäre in einem TV-Nachrichtenstudio, schwarz-weiße Bilder, dauerrauchende Typen – und das auch noch allesamt knallharte Journalisten, die gegen Senator McCarthys Kommunisten-Hexenjagd vorgehen. So weit, so gut. Nur leider hat Regisseur George Clooney einen ziemlich drögen Film daraus gestrickt, der im Wesentlichen aus ermüdenden und pathetischen Monologen besteht. Man muss sich fragen, ob der Stoff überhaupt für einen Spielfilm taugt oder ob nicht eine Dokumentation die adäquatere Form gewesen wäre. Hinzu kommt noch, dass die Figuren blass bleiben und ihre Probleme nur oberflächlich behandelt werden. Aber hey: Der Moderator raucht während der Sendung und nebenan spielt eine Band wunderbaren Vocal Jazz – was will man mehr?

Extrablatt (1974, Regie: Billy Wilder)

Das Broadway-Stück The Front Page wurde mehrere Male verfilmt und dies ist vielleicht nicht die beste Adaption, aber auf jeden Fall eine gute. Ohne zu modernisieren spielt sie im Jahre 1929 und behandelt eine Mentalität, bei der Journalisten sich um den großen Knüller fast schon kloppen. Hildy (Jack Lemmon) will als Reporter aufhören, aber sein Chefredakteur (Walter Matthau) bringt ihn doch dazu, über eine Hinrichtung zu berichten. Daraus wird dann eine Story über einen Ausbruch, schließlich greifen die Reporter ins Geschehen selbst ein und werden so Teil der Story. Ein liebevoll gemachtes Period Piece. Allein der Vorspann lohnt sich: Da wird gezeigt, wie früher eine Zeitungsseite gesetzt wurde.

Die Unbestechlichen (All the President’s Men, 1976, Regie: Alan J. Pakula)

All the President's MenAuch wenn manchmal Unerhörtes aufgedeckt wird, ist der Beruf des Journalisten nicht so spannend, wie man glauben könnte – jedenfalls nicht für Außenstehende. Menschen sitzen in Büros, telefonieren, kritzeln und tippen. Manchmal verlassen sie auch ihre Büros, um mit anderen Menschen zu reden. Das war’s aber auch schon. Und im Grunde sieht man in diesem Film nichts anderes: Zwei Stunden lang Recherche und Getippe. Es ist die historische Geschichte über die beiden Journalisten, die den Watergate-Skandal aufgedeckt haben. Nun gut, es wird eine Verschwörung aufgedeckt, ein namenloser Mann im Halbschatten eines Parkhauses macht mysteriöse Andeutungen, man fühlt sich beobachtet, am Ende sollen sogar Leben in Gefahr sein. Aber wer Action im Stil von Da Vinci-Code erwartet, wird hier enttäuscht: Die Unbestechlichen ist ein staubtrockener Film ohne Spannungsbogen, der seinen Zuschauern eine hohe Aufmerksamkeit abverlangt. Eine interessante Geschichtsstunde, gespickt mit einigen netten Schnörkeln und zwei tollen Darstellern (Robert Redford und Dustin Hoffman), aber eben nicht mehr.

Insider (1999, Regie: Michael Mann)

Der eine, Russell Crowe, war ein Wissenschaftler bei einem Tabakkonzern bis er gefeuert wurde. Der andere, Al Pacino, produziert eine wichtige Nachrichtensendung fürs Fernsehen. Natürlich will der Vollblutreporter, dass der Geprellte über die Machenschaften der Tabakindustrie auspackt, das gibt eine dicke Story. Aber der andere hat berechtigte Skrupel, denn sein Ex-Arbeitgeber droht ihm mit schwerwiegenden Konsequenzen. Die Ehe des Mannes geht zu Bruch. Als schließlich auch der Sender abspringt, droht nicht nur die Story zu platzen, auch alle Opfer scheinen vergebens gemacht worden zu sein. Michael Mann hat zwar ein Problem damit, dass seine Filme zu lang sind. Doch an diesen zweieinhalb Stunden ist nichts zu viel. Im Grunde ist Insider wie ein guter Artikel: Relativ nüchtern erzählt er seine Geschichte, die an sich schon Aufreger genug ist. Einzig Russel Crowes Darstellung schießt ein bisschen übers Ziel hinaus und erinnert auch zu sehr an seine Paraderolle in A Beautiful Mind.

State of Play (2009, Regie: Kevin Macdonald)

Ein Junkie wird erschossen, dann ein Pizzabote, der Zeuge der Szene wird. Am Tag darauf stirbt die Referentin eines Abgeordneten (Ben Affleck) bei einem Sturz vor die U-Bahn. Ein Unfall? Selbstmord? Oder gar Mord? Klar ist, dass ihr Chef eine Affäre mit ihr hatte. Und dann hat das ganze auch noch mit einem Komplott um einen privaten Sicherheitsdienst zu tun, der sich auf Staatskosten bereichert. Puh! Ganz schön viel Stoff, den uns Kevin Macdonald in seinem Polit-Thriller zumutet. Aber dank der beiden sympathischen Journalisten wirkt die Story weniger schwer, als sie ist. Russell Crowe spielt einen abgefuckten Oldschool-Reporter, Rachel McAdams eine junge, aufstrebende Bloggerin, Helen Mirren ihre abgebrühte Chefredakteurin beim Washington Globe. Spannend, hochbrisant und ganz unterhaltsam.

Frost/Nixon (2008, Regie: Ron Howard)

Frost/NixonKurz nach dem Rücktritt Richard Nixons kommt dem englischen Show-Moderator David Frost (Michael Sheen) die Idee für einen Quotenhit: Ein Interview mit dem Ex-US-Präsidenten (Frank Langella). Doch das ist gar nicht so leicht zu bewerkstelligen: Zunächst sträubt sich Nixon, dann will niemand das Projekt finanzieren – zu unbekannt ist der junge Talkmaster, zu zweifelhaft seine Referenzen. Schließlich überlegt es sich der Präsident a.D. doch anders und es kommt zu vier Interviewterminen. Frost schart ein paar politische Journalisten um sich, die ihm bei der Vorbereitung helfen, und stellt seine Fragen – jedenfalls versucht er es. Denn er unterschätzt „Tricky Dick“. Mit seiner Ausstrahlung und Eloquenz schüchtert Nixon Frost so sehr ein, dass die Interviews zu langweiligen Monologen werden. Wir sehen dem Moderator dabei zu, wie er dieser Urgewalt gegenüber sitzt und sich plattreden lässt. Es ist ein Boxkampf mit Worten, der natürlich nicht spannend wäre, wenn am Ende nicht eine Wende käme. Und dieser Film ist wegen seiner flotten Dialoge und überwältigender Schauspieler überaus spannend. Für einen politischen Film gibt es sogar viel Humor. Frost/Nixon ist so etwas wie die Belohnung für alle, denen Die Unbestechlichen zu dröge war.

Network (1976, Regie: Sidney Lumet)

Kurz nachdem der alte Nachrichtenmoderator Howard Beale seine Kündigung bekommt, kündigt er bei laufender Sendung im Fernsehen an, sich bei laufender Kamera eine Kugel durchs Hirn zu jagen. Der Sender versucht daraufhin, ihn loszuwerden, dann gibt man ihm die Chance, den Schaden abzuwenden und sich am nächsten Tag in den Nachrichten zu erklären. Doch daraus wird wieder nichts, denn Beale lässt eine Schimpftirade auf die Welt im Allgemeinen ab. An dieser Stelle könnte seine Karriere endgültig enden, doch da die Ansprache gut beim Publikum ankam, lässt der Sender ihn weiter im Fernsehen seine Kommentare zur Lage der Nation abgeben – mit grotesken Folgen. In Sidney Lumets trockener Mediensatire geht es um einen „Nuttensender“, der rücksichtslos nur auf Quote achtet und dabei seine Nachrichten korrumpiert. Das Niveau sinkt, der einst respektierte Nachrichtensprecher wird als Witzfigur vorgeführt. Die beißenden Kommentare werden zur Nebensache, es dominiert die Show. Das alles ist sehr dialog- und monologlastig, aber die Reden sind so pointiert, dass es ein Genuss ist, zuzuhören. Ein Film zum Lachen und Kopfschütteln. Und je länger man ihn sacken lässt, desto besser wird er.

network

2 Kommentare

  1. Tolle Liste, gehe mit euren Vorschlägen vollkommen konform. Bei „Network“ muss ich immer an „I’m mad as hell and I can’t stand it anymore“ denken! 🙂 Ergänzend könnte man „Erin Brokovich“ – schließlich macht die junge Dame ja auch nichts anderes als ein Journalist. Und natürlich die Serie „The newsroom“, aber passt leider nicht in die Metrik „Film“. Super Blog – ich folge! 😉

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