Jeder hat seinen Lieblings-Star-Trek-Charakter. Aber ganz bestimmt niemand mag Chief O’Brien von The Next Generation. Der Mann ist der Inbegriff der Nebenfigur: Er steht meistens bloß im Transporterrraum, beamt Leute von hier nach da und sagt höchstens mal „Aye, Sir“. (Die wenigen Sprechszenen sind nicht der Rede wert und schnell vergessen.) Und schon so mancher Fan hat sich gefragt: Was macht Chief O’Brien den ganzen Tag? Jedes Mal, wenn die Tür zum Transporterraum aufgeht, tippt er zwar fleißig auf seinem Kontrollpanel herum, aber das sieht ziemlich nach simulierter Arbeit aus. Aber vor allem: Was tut er die meiste übrige Zeit, wenn niemand den Transporter nutzt?
Der Designer und Illustrator Jon Adams hat es sich ausgedacht und daraus den Webcomic Chief O’Brien at Work gemacht, der nun auch gedruckt erscheinen soll. In Zehn-Panel-Strips sehen wir den tristen Chief in seiner senfgelben Uniform in einem grauen Transporterraum vor seinem grauen Panel stehen und – nichts tun. Er hat höchstens drei Gesichtsausdrücke: Den verwunderten, den Ansatz eines glücklosen Lächelns, die meiste Zeit aber den ausdruckslosen. Und er hat nur eine Körperhaltung: hängend.
Grund zur Freude hat er auch kaum: Die meiste Zeit steht er bloß da, ganz allein. Während seine Kollegen spannende Abenteuer erleben, kriegt er selbst nichts mit. Seine Aufgabe kann eigentlich auch der Computer erledigen – und das sogar besser. Ein Leben außerhalb des Transporterraums hat er nicht. Keiner will ihm Gesellschaft leisten, nicht einmal der Computer spricht gern mit ihm, Frauenheld Commander Riker spannt ihm die Frau aus. Manchmal kommt ein außerirdisches Energiewesen vorbei, das O’Brien studieren will, nur um festzustellen, dass es da nichts zu studieren gibt. Selbst die Borg wollen ihn nicht assimilieren. Fast jeder Strip beginnt und endet mit ein paar Panels in denen immer das Gleiche zu sehen ist, die wenigen Sätze und Ereignisse spielen sich dazwischen ab, als Abwechslung, die eigentlich nur noch alles schlimmer macht, weil sie ihm vor Augen führt, wie mies sein Leben ist.
Chief O’Brien ist ein langweiliger, einsamer, frustrierter Typ, der einem sinnlosen Beruf nachgeht. Tragischer könnte die Lage nicht sein. Und auch kaum witziger. Denn bei aller Tristesse und Monotonie sind die Strips von einer abgründigen, lakonischen Komik. Der Witz ist eigentlich immer der gleiche: Es wird immer in der Wunde herumgebohrt, was für ein Versager der Chief eigentlich ist. Insofern ist er so etwas wie der Charlie Brown von Star Trek. Man sollte Mitleid mit ihm haben, aber die Gemeinheiten ist einfach zu pointiert, um nicht darüber lachen zu müssen. Es ist schon eigenartig, wie aufbauend es sein kann, einer so traurigen Existenz bei seinem deprimierenden Alltag zuzusehen. Vielleicht weil man ihn für seinen stoischen Gleichmut und seine Ausdauer bewundern muss. Vielleicht aber auch, weil ein solcher Mann ohne Eigenschaften viel Projektionsfläche bietet. Vielleicht aber auch als comic relief. Wenn man eines seiner vermeintlichen Abenteuer liest, geht es einem gleich viel besser, weil man sich sagen kann: Mein Leben könnte auch schlechter sein.