
Retro-Poster zu Star Trek Beyond (Paramount)
Erinnert sich noch jemand an den Prolog von Star Trek? Klar, er wird ja ständig wiederholt, wenn auch mittlerweile als Epilog der Serie. Aber wann hat jemand zuletzt über seine Bedeutung nachgedacht? Egal, ob dort der Weltraum „the final frontier“ genannt wird oder von „unendliche Weiten“ die Rede ist: Die Reise der Enterprise geht stets dahin, wo nie ein Mensch zuvor gewesen ist („where no one has gone before“). Fremde neue Welten, neues Leben, neue Zivilisationen – das sollte Programm sein. Eigentlich.
(ACHTUNG SPOILER!!!)
Nachdem die ersten beiden Filme des Reboots stets Erde und die Föderation im Mittelpunkt standen, soll es nun also „Beyond“ gehen, darüber hinaus. Und so sehen wir endlich, im dritten Teil der Reihe, die Enterprise zwar durchs weite Weltall tingeln. In einem starken Monolog macht Captain Kirk deutlich, welche Entbehrungen damit verbunden sind. Aber leider sind von den fünf Jahren Mission bereits drei rum, ohne dass wir etwas davon gesehen hätten. Das Neue besteht in einem Schauwert: einer gigantomanische Raumstation, eine wahnwitzig konstruierte Megalopolis in Form einer Schneekugel – aber das war’s auch schon. Denn was folgt, kommt einem zu bekannt vor. Statt neue Welten und Zivilisationen zu erkunden, geht die Reise bloß zu einem Planeten, der der Erde sehr ähnlich sieht (wenigstens der Wald), und der Schurke entpuppt sich am Ende als ehemaliges Föderationsmitglied. Schon wieder.
Immer die alte Leier: Rache
Wie schon Khan vor ihm (und vor ihm der Romulaner Nero, und vor ihm Shinzon usw.) hegt er Rachegelüste auf die Föderation. Und er ist nicht einmal das reptilienhafte Wesen, als das er zunächst erscheint, sondern bloß ein Mensch, der zusammen mit der Lebenskraft auch das Äußere anderer Wesen annimmt. Das Fremde ist doch immer wieder das Vertraute. Und wieder endet es mit einem Finale, bei dem der Feind auf eine Stadt zusteuert, um sie zu vernichten …
Wieder wird eine Enterprise geschrottet – wie schon in Star Trek III, VII und zum Teil auch Star Trek X (in VIII wird eine Selbstzerstörungssequenz gestartet, aber wieder abgebrochen). Damit reiht sich der Film in die Tradition ein, aber die Haltbarkeitsdauer von Raumschiffen sinkt rapide. Ein Zugeständnis an den Zeitgeist der Wegwerfgesellschaft? Vielleicht. Oder auch einfach ein Trend zur Zerstörungswut in Blockbustern. Das Dumme ist nur: der Effekt verbraucht sich. Zum Trost sehen wir am Ende von Beyond eine neue Enterprise im Zeitraffer entstehen. (Was eigentlich nur ein billiger Trick ist, um die Vernichtung zu annullieren.)
Harmonie auf der Enterprise
Selbstverständlich lebt ein Science Fiction-Film wie Star Trek nicht vom Plot allein. Und so bekommen die Fans genug Weltall-Soap geboten: Kirk und Spock, Spock und Pille, Uhura und Spock – was sich liebt, das neckt sich. Nur überwiegen hier eher die Liebesbekenntnisse, die Seitenhiebe teilt man nur noch der Tradition wegen aus, und sei es um ein paar Lacher einzustreuen. Leider bleiben dabei aber die Charaktere Sulu und Chekov unterrepräsentiert, was besonders traurig stimmt, wenn man bedenkt, dass Chekov-Darsteller Anton Yelchin vor kurzem gestorben ist.
Im Weltall nix Neues? Wie schade. Dabei gäbe es in den unendlichen Weiten des Weltalls auch unendliche Geschichten zu erzählen. Stattdessen bringen die Star Trek-Macher immer wieder das Gleiche. Diese Angst vor dem Neuen, das auch Risiko bedeutet, konnte man zuletzt auch bei Star Wars beobachten, der erschreckend nah an seinen Vorlagen klebte, obwohl er genug Energie hatte, etwas Neues zu erzählen. Man muss sich daher fragen, was dieses „Beyond“ im Titel soll: Jenseits von was?
Mehr Pioniergeist bitte!
Was bleibt, ist das Spektakel. Überwältigende und überfordernde Wimmelbilder, rasante Action. Was fehlt, ist das, was Star Trek schon immer ausgemacht hat: Der Pioniergeist, der Forscherdrang, das Streben nach Wissen sowie moralische und philosophische Fragen. Zugegeben: Die Filme blieben meistens hinter diesen Tugenden der Serien zurück. Schon immer standen die Crew, alte Fehden, offene Rechnungen und Föderationsprobleme im Mittelpunkt, bekannte Spezies wie Klingonen, Romulaner und Borg dominierten. Aber vielleicht wäre es deshalb an der Zeit, diese Kinotradition zu brechen. Es ist genug Elan in dieser neuen Crew, das man sie auch mal in neue Gefilde steuern lassen könnte. Das würde auch wieder mehr Konflikte in diese all zu harmonische Familie bringen.
Bislang fehlt eine Fernsehserie, die diese Bedürfnisse der Trekkies befriedigen könnte. Nächstes Jahr soll sie kommen – aber ohne die bekannte Crew um Kirk. Aber damit allein kann es nicht getan sein. Denn es ist das Kino, das das Außerordentliche auf die große Leinwand bringen sollte. Daher wäre zu wünschen, dass die Macher der Star Trek-Filme endlich ihren Mut aufbringen, einmal über die Grenzen ihres Erfahrungshorizontes hinauszugehen. Denn um nichts anderes geht es in den Geschichten von Star Trek.
habe den film auch vor kurzem reviewt und kann dir im großen nur zustimmen.