Missglücktes Comic-Experiment mit drei Buchstaben

Avant Verlag

Wo hätte das Kreuzworträtsel anders erfunden werden können, als in New York? Der Stadt der Wolkenkratzer, deren unzählige Fenster eine Abfolge von riesigen Rastern bilden. Und während man durch die ersten Seiten des Comics blättert, auf denen Paolo Bacilieri die vertikalen und horizontalen Reihen minutiös darstellt, um seine Behauptung mit Bildern zu untermauern, könnte man auf die Idee kommen: Wie könnte man die Geschichte des Kreuzworträtsels besser darstellen, als in einem Comic, das ebenfalls aus einem Raster von Bildern besteht?

Der Buchautor Pippo Quester schreibt eine Geschichte des Kreuzworträtsels, der Comic-Autor Zeno Porno trifft ihn zufällig, man kommt ins Gespräch. Während der nüchterne Pippo von seinem Buch erzählt, assoziiert Zeno wild irgendwelche Bezüge zu Filmen oder Comics, wie etwa eine mit dem Spider-Man-Schurken Hammerhead oder Dick Tracy. Der einzige, der wirklich Sinn ergibt, ist aber die Tatsache, dass der erste moderne Comic und das Kreuzworträtsel in der gleichen Zeitung, der New York World, erschienen sind.

Dann schießt eine unbekannte junge Frau auf die beiden. Sie überleben den Anschlag, Pippo schreibt stoisch im Krankenhausbett weiter, während Zeno für ihn mit der Frau sprechen soll. Sie bleibt über ihre Motive vage und verweist nur auf ein Buch von Pippo, indem angeblich alles erklärt werde. Doch Zeno wird auch nach der mehrfachen Lektüre des Buches nicht schlau aus der Sache.

Und so geht es auch dem Leser. Die Geschichte des Kreuzworträtsels mag zwar interessant sein. Erstaunlich zu sehen, welche verschiedenen Formen dieser Zeitvertreib annehmen konnte auch welche Ausmaße der „Crossword Craze“ annahm. Angereichert wird die doch etwas dröge Darstellung mit Illustrationen, die mehr mit der Zeitgeschichte zu tun haben als mit der Story: Bilder von Musikern, Filmstars und anderes schmückendes Beiwerk.

Allerdings: Wozu es diese Rahmenhandlung braucht, bleibt fraglich, denn es steht in keinerlei Zusammenhang mit dem Thema. Die Figuren bleiben oberflächlich und uninteressant. Angereichert wird der überwiegend schwarz-weiße Comic noch mit kolorierten Zwischenkapiteln, in denen mit überwiegend quadratischen Panels Anekdoten aus Zenos Leben oder das anderer Leute erzählt werden. Allerdings völlig willkürlich, ohne dramaturgischen Wert und wieder ohne Bezug zum Rest. Nur einmal, wenn fünf kurze Sequenzen übereinander gelegt werden, wird eine Analogie zum Kreuzworträtsel deutlich, wenn die Panelreihen sich aufeinander beziehen und sich aus der horizontalen Leserichtung auch eine vertikale ergibt.

Selbst als Zeno nach New York fliegt, um für Pippo zu recherchieren, läuft die Story auf nichts hinaus und die Auflösung des Rätsels verpufft in der Irrelevanz. Fun ist ein Comic, der gerne ein anspruchsvolles Kunstwerk wäre, das aber nur auf den ersten Blick wirkt. Jedoch überzeugen nur wenige dieser Versuche, das Kreuzworträtsel ins Medium Comic zu übertragen. Das Experiment scheitert, was schade ist angesichts der interessanten Grundidee – eine vertane Chance. Selbst ein kurzer Ausflug auf die Meta-Ebene wird nur halbherzig unternommen, um gleich wieder negiert zu werden. Man fragt sich schon: Was soll das Ganze? Denn Spaß macht es jedenfalls nicht. Dann schon lieber Kreuzworträtsel lösen.

>> Paolo Bacilieri: Fun, Avant-Verlag 2018.

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