Jeff Lemire: The Nobody (2009)
In einem Dorf taucht ein Fremder auf, mit bandagiertem Kopf und Schutzbrille. Er nennt sich John Griffen, wohnt allein in einem Hotel, tut keinem was, aber in einem Dorf ist gerade das ein Problem. Denn ein Fremder, der anders ist und Rätsel aufgibt, gibt auch Anlass zum Misstrauen. Eine junge Frau, die in einem Diner arbeitet, bringt ihm Essen, freundet sich mit ihm an. Sie findet heraus, dass er Chemiker ist, einen Unfall hatte, an einer Formel arbeitet. Schnell wird klar: Er ist ein Unsichtbarer und hat noch ein weiteres dunkles Geheimnis.
Der Unsichtbare wird paradoxerweise umso sichtbarer, je mehr er sich um Abgeschiedenheit bemüht. Manche Dorfbewohner sind skeptisch, ja sogar feindselig. Keine Nichtigkeit ist ihnen zu gering, um es zum Vorwand zu nehmen: Ein flüchtiger Rempler wird zur Anzeige gebracht. Der Sheriff ist vernünftig genug, dem nicht nachzugehen, doch als plötzlich eine Frau verschwindet, ist der Fremde sofort der Hauptverdächtige und es kommt zu unglücklichen Missverständnissen.
Jeff Lemires The Nobody ist eine gelungene Adaption von H.G. Wells Roman The Invisible Man (dt. Der Unsichtbare), allerdings nimmt sich der Autor viele Freiheiten heraus. Der Held ist keineswegs ein Mad Scientist, der die Welt mit Terror beherrschen will, sondern einer, der für das Gute arbeitet und Opfer der Umstände wird. Er sieht sich lieber alte Filme im Fernsehen an, wird aber auch zum Mörder. Das Finale ist weitaus persönlicher – und auch glücklicher. Lemire schafft es mit reduziertem Stil (schwarz-weiß mit einem blassen Blauton) eine einerseits intime, andererseits paranoide Atmosphäre zu schaffen, die zur Tragödie führt.
>> Jeff Lemire: The Nobody, Vertigo 2009, dt. Panini 2013.
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