Nein, das Schlimmste tritt nicht ein: Es geht nicht nach Saudi-Arabien. Am Ende von Band 3 von „Der Araber von morgen“ schockierte Riads Vater seine Familie damit, eine Stelle in dem Land bekommen zu haben. Doch der Vater geht allein, die Mutter zieht mit ihren drei Kindern nach Frankreich. Für den kleinen Riad endet die schlimme Zeit in Syrien, er muss sich wieder an Frankreich gewöhnen, wo ihn, wie er feststellt, kein Lehrer verprügelt und ihn keine Cousins umbringen wollen, weil sie ihn für einen Juden halten.
Riad entfremdet sich von seinem Vater, der sich nur noch per Telefon meldet und selten blicken lässt. Als er ihn wiedersieht, stellt er fest, dass sein Vater, der auf seiner Wallfahrt nach Mekka ein Erweckungserlebnis hatte, zu einem sehr frommen Mann geworden ist. Dabei hatte er anfangs noch über den Aberglauben seiner Landsleute gelästert und sich für einen modernen Araber gehalten. Das ist jetzt vorbei.
Der Vater, hin- und hergerissen zwischen den beiden Welten, in denen er sich bewegt, benimmt sich immer seltsamer. „Dem Sohn sagt er: „Du bist ein Araber! Vor allem ein Araber!“ Während er die Sitten in Syrien und Saudi-Arabien verteidigt, ist ihm in Frankreich nichts gut genug. Trotz seiner französischen Frau lässt er keine Gelegenheit aus, die Franzosen schlechtzumachen. Auch sein Antisemitismus tritt immer offener zutage.
Der junge Riad sucht sich seine Vorbilder lieber in Conan dem Barbaren und Tom Cruise, dem er die Frisur abguckt. Für die Familie geht es dann doch wieder zurück nach Syrien, was für Riad wieder zum Kulturschock wird, weil er dort wieder in die Schule muss und längst sein Arabisch verlernt hat. Das aber ist nur der Anfang einer Entwicklung, die noch weitaus dramatischere Wendungen bietet als Teil 3.
Riad Sattouf (Esthers Tagebücher) erzählt seine eigene Jugend wie gewohnt ebenso witzig wie ungeschönt. Der vierte Band ist mit seinen 280 Seiten deutlich dicker als seine Vorgänger. Nicht nur, weil es mehr zu erzählen gibt, Sattouf sieht auch genauer hin, widmet sich kleinen Details wie den Macken seines Vaters, den ersten Schwärmereien eines Jugendlichen und dem Alltagsleben im Frankreich der späten 80er und frühen 90er Jahre. Damit ist die Chronik seiner Jugend noch nicht beendet. Wieder steht am Ende ein „Fortsetzung folgt“. Zum Glück.
>> Riad Sattouf: Der Araber von morgen – Eine Kindheit im Nahen Osten (1987-1992), übers. von Andreas Platthaus, Penguin Verlag 2019.