George Orwell als Comic-Biografie

George Orwell (Graphic Novel)

Knesebeck Verlag

Man könne George Orwells Geschichte auf mehrere Weisen beginnen, heißt es zu Beginn des Comics. Die Möglichkeiten werden angedeutet. Aber stattdessen nehmen Pierre Christin und Sébastien Verdier den einfachsten Weg, um diese Geschichte zu erzählen – es ist der denkbar langweiligste.

Autor und Zeichner erzählen in chronologischer Reihenfolge den Werdegang von Eric Blair, wie Orwell bürgerlich hieß, nach. Von der Schule, über das Elite-College Eton, über den Militärdienst in Burma, die Straßen von Paris, den Spanischen Bürgerkrieg bis zur Karriere als Schriftsteller.

Hier werden lauter Lebensstationen abgehakt, mit Anekdoten angereichert, jedoch ohne dabei den interessanten Menschen zu erklären. Viel zu selten lassen sie ihn zu Wort kommen, etwa um verständlich zu machen, warum er zeitweilig ein Leben am Rand der Gesellschaft führte. Die Tatsache, dass er ein Nonkoformist war, hilft da nicht weiter. Und so sehen wir Orwell mehr als Heimgärtner und Tierzüchter, weniger als Autor in Aktion.

Auf Orwells Werke lassen Christin und Verdier andere Künstler eingehen. Jeweils eine Doppelseite bekommen die kurzen Auszüge aus den Büchern, die meist nur mit einem großen Bild illustriert werden (zum Beispiel von Manu Larcenet). Im Nachwort erklären die Autoren zwar, dass sie die Leser nicht mit seelenleeren Exzerpten abspeisen wollten, aber so erfährt man eben nur wenig über die Bücher, gerade die abseits von Farm der Tiere und 1984.

Sébastien Verdier ist ein sehr naturalistischer, detailversessener Künstler, der jeden einzelnen Backstein zeichnet. Sein präziser Stil lässt jedoch diesen Comic nur allzu brav erscheinen. Die deutsche Ausgabe trübt zudem die Lektüre mit generischem Lettering und inkosequent übersetzten Stellen. Am Ende bleibt das unbefriedigende Gefühl zurück, dass man die Zeit, die man ins Lesen dieser 150 Seiten investiert hat, hätte besser nutzen können.

Leider ist diese Fantasielosigkeit ein Rezept allzu vieler Comic-Biografien.

>> Pierre Christin/Sébastien Verdier: George Orwell, Knesebeck Verlag 2019.

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