Kunst

Warum Werbung Kunst sein kann

Aus dem Vorspann von Mad Men

Aus dem Vorspann von Mad Men

Der Schauspieler Tom Schilling behauptet in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (vom 28.9.2014), dass Werbung keine Kunst sei. Ich widerspreche.

Lieber Herr Schilling,

es hat mich gefreut, in der heutigen FAS zu lesen, dass wir etwas gemeinsam haben: Offenbar haben Sie auch die Serie Mad Men gesehen. Leider schreiben Sie nichts darüber, wie sie Ihnen gefällt, stattdessen wird deutlich, dass sie bei Ihnen offenbar keine Sympathie oder wenigstens eine Art von Verständnis für die Werbebranche geweckt hat. Muss auch nicht sein. Mad Men funktioniert auch als reines Drama, als Gesellschaftspanorama der 60er Jahre in den USA oder als Abrechnung mit der Welt des Schönen Scheins, für die die Werbung nur ein Beispiel ist.

Wahrscheinlich würden Sie mir in letzterem zustimmen. „Werbung ist keine Kunst„, schreiben Sie in der FAS, Werbung imitiere und zitiere lediglich die Kunst, um Produkte zu verkaufen. Ja, sie karikiere und klischiere die Welt, sie korrumpiere und sediere den Geist. „Nichts von dem ist bedeutend!“, rufen Sie den Werbern und ihren Auftraggebern zu.

Im Gegenzug behaupten Sie von der wahren Kunst, wie etwa den „guten Filmen“, dass sie es vermögen, die „Welt zu verändern, den Horizont der Menschen zu erweitern, den Geist zu wecken“. Sie, Herr Schilling, benutzen in diesem Zusammenhang sogar Wörter wie „Integrität“ und „Wahrhaftigkeit“. Und die Werbung bediene sich nur am „Reinen, Echten, Poetischen, Subversiven und Rebellischen“.

Für beide Behauptungen regt sich bei mir Widerspruch.

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Auf eine Kippe mit Ottmar Hörl

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400 mal Goethe: grün, blau, rot, gelb zieren die Ein-Meter-Skulpturen den Rasen auf dem Campus Westend in Frankfurt. Und mittendrin: Ein Mann im weißen Hemd, der genüsslich seine Kippe raucht. Ottmar Hörl heißt er, Künstler von Beruf, das Genie hinter den Genies. Was hat er nicht schon alles geschaffen: 7000 Dürer-Hasen in Nürnberg, 10.000 Eulen in Athen, 800 Martin Luthers in Wittenberg, 500 Kaiser Karls in Aachen, Marx in Trier und Wagner in Bayreuth, Bären in Berlin und Löwen in Wiesbaden … – ja, könnte man meinen, wir haben’s kapiert, Ottmar! Nun, da alle deutschen Helden in Plastik verewigt sind, selbst Nazi- und Stinkefinger-Gartenzwerge den öffentlichen Raum schmücken durften, und nun selbst Goethe zum Gartenzwerg degradiert wurde, scheint die Masche durch zu sein. Aber wenn man sich diesen Künstler ansieht, wie er so cool zwischen seinen Skulpturen steht und gedankenversunken Rauchwolken bildet, scheint noch ein Denkmal zu fehlen: Ein Ottmar Hörl aus Plastik, in Lebensgröße, als Dauerinstallation, mit der Widmung: „Ottmar Hörl – Das gibt’s nur einmal, das kommt nie wieder“.

Weiße Cover, schwarze Cover

Unser Autor macht sich seine Gedanken über das Schwarze und das Weiße auf den Buchumschlägen und Plattenhüllen dieser Welt. Ein Essay über den Minimalismus und das Heischen nach Aufmerksamkeit.

Beckett: Der HofNeulich in der Buchhandlung. Ein schwarz-weißes Cover erregt meine Aufmerksamkeit. Doch vor allem, weil die Schrift zwar auffällt, aber der Titel nicht zu lesen ist: „ER“ steht da auf der oberen Hälfte, „OF“ auf der unteren, wobei jeweils die ersten beiden Buchstaben zum Teil abgeschnitten sind, dazwischen der Autorenname: „Simon Beckett“. Und obwohl mich weder der Autor, noch das Genre, mit dem ich seinen Namen verbindet, interessieren, greife ich zum Buch, weil ich wissen will, was dieses Cover soll, wie der Titel lautet. Ich drehe das Buch um: Ein D, ein H – „DER HOF“ steht da, was mich zunächst enttäuscht, aber dann wiederum an John Grisham erinnert, der wohl am konsequentesten Titel nach dem Schmema „Artikel + Substantiv“ fabriziert. Vor allem aber fühle ich mich in die Falle getappt: Jetzt hat mich der Verlag genau da, wo er mich haben wollte. Raffiniert, das muss man denen lassen. Ich kaufe es trotzdem nicht.

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