
Metrolit
Warum die Comic-Adaption von Hans Falladas Der Trinker das Lesen lohnt.
Die Prämisse ist unsympathisch: Schon wieder so ein Comic, das sich „Graphic Novel“ schimpft, weil es einen Klassiker der Literatur adaptiert. Das tun zwar Filme auch, aber bei Comics hat es zum einen etwas Anbiederisches, weil es versucht, sich über ein anerkanntes Medium zu legitimieren, und zum anderen untergräbt es dadurch zugleich seine Autonomie, die es behaupten möchte. Und wenn man die ersten Seiten von Der Trinker aufschlägt, wird der Eindruck nicht sympathischer: In einer Vorbemerkung klärt uns das Buch darüber auf, wie es gemacht ist. Dass die Geschichte des Romans mit Hans Falladas Leben verbinde, dass es sich also aus Romanzitaten, Briefen und weiteren Quellen zusammensetze. Dass das Buch sich die Freiheit rausnehme, die Vorlagen nach Belieben anzuordnen – Selbstverständlichkeiten.
So eine peinliche Offenlegung und Rechtfertigung der Poetik noch bevor die Geschichte anfängt, hat etwas so Technokratisches, dass einem die Lust an der Kunst vergehen kann. Zum Glück aber macht das Werk schnell diesen ersten Eindruck vergessen. Dem Grafiker Jakob Hinrichs gelingt es mit seinen expressionistischen Panels, den groben Strichen, grellen Farben und verzerrten Perspektiven, den Rausch und den damit einhergehenden Wahnsinn zu visualisieren. Eindringlich vermittelt er das Gefühl einer gestörten Wahrnehmung, der inneren Unruhe und dem Drang, sich betäuben zu wollen. Falladas Trinker geht weniger am Alkoholismus als an seiner Selbstüberschätzung, Paranoia und seinem Selbstbetrug zugrunde. Fallada, der eigentlich Rudolf Ditzen hieß, erschießt im Suff sogar beinahe seine eigene Frau.