Was Comics können (Teil 7): Blankets von Craig Thompson
Craig Thompsons Blankets erzählt die Bildungsgeschichte eines Künstlers anhand von Decken. Gelungen ist ihm damit ein vielschichtiges Comic über das Erwachsenwerden, die Zwänge der Religion, die befreiende Kraft der Liebe und die Möglichkeiten der Kunst. Ein Interpretationsversuch.
Blankets – ein seltsamer Titel. In diesem Comic geht es fast 600 Seiten lang um Familie, Kindheit und eine Brüderbeziehung, Adoleszenz und Teenagerliebe, um Religion und Selbstfindung. Und dem Autor und Zeichner Craig Thompson fällt nichts besseres ein, als Blankets auf den Buchdeckel zu schreiben. Doch beim Lesen des Comics wird nicht nur der Sinn des Titels klar, der Titel eröffnet auch dem Buch einen tieferen Sinn. Das ist wohl auch der Grund dafür, warum der Comic im Deutschen nicht „Decken“ heißt. Denn in Blankets steckt nicht nur die Adjektive flach oder leer, sondern auch das französische Wort blanc, weiß. Und das wiederum verweist auf die Motive des Comics. Aber eins der Reihe nach, fangen wir zuerst mit der wörtlichen Bedeutung an.
Es gibt zunächst zwei Decken in diesem Buch: Die eine ist die, die sich die Brüder Craig und Phil in ihrem gemeinsamen Kinderbett teilen. Genau genommen sind es mehrere Decken, vor allem wenn der lange und strenge Winter in Wisconsin einbricht und das schlecht isolierte Haus die Kinder nachts frieren lässt. Die Kinder zanken sich um die Decken, gehen einander auf die Nerven, doch als sie irgendwann getrennt schlafen dürfen, kriechen sie wieder zueinander ins Bett. Nicht nur weil es wärmer ist. Das Bett ist auch immer für Spiele gut, man kann so tun, als wäre es ein Boot und die Decke das Wasser – oder man macht daraus eine Höhle, in der man sich vor dem imaginären Regen verkriechen kann.