drittes reich

Das Scheitern an der Realität

Reprodukt

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Die Tagesspiegel-Jury hat Irmina von Barbara Yelin zum Comic des Jahres gewählt. Was taugt der 280-Seiten-Wälzer? Ist er seine 39 Euro wert? Die Story bietet jedenfall schon mal Big Drama:

Irmina ist eine junge Frau aus Stuttgart, die im Jahr 1934 nach London geht, um dort sich zur Sekretärin ausbilden zu lassen. Dort lernt sie Howard Green kennen, einen Schwarzen aus Barbados, der dank eines Stipendiums in Oxford Jura studiert. Doch noch bevor sich aus der Freundschaft mehr entwickeln kann, muss Irmina mit Widerständen kämpfen: zuerst verliert sie ihre Gastfamilie, dann ihre zweite Unterkunft, schließlich auch die finanzielle Unterstützung der Eltern. Durch die politische Entwicklung in Nazi-Deutschland muss sie immer öfter Anfeindungen erdulden – und dadurch macht sie eine ähnliche Erfahrung von Isolation wie Howard, der im Kreis der Engländer auch nur geduldet wird.

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Nazi-TV

Es vergeht kein Tag ohne. Schaltet man abends den Fernseher ein, kommt man nicht umhin. Mindestens einmal, meistens aber öfter, flimmern diese Schwarz-weiß-Bilder über den Bildschirm, die uns sofort zeigen: Jetzt wird’s historisch! Und es ist nicht einfach nur Geschichte, nicht irgendeine Epoche, über die uns das deutsche Bildungsfernsehen aufzuklären versucht, nein, es ist immer dieselbe: Das Dritte Reich. Man könnte das Gefühl bekommen, es wäre nie untergegangen: So viele Nazis, immer wieder Nazis. Überall Hitler, Hakenkreuz und Holocaust. Wenn nicht bei den öffentlich-rechtlichen Sendern, dann ganz bestimmt auf N24 oder N-TV. Von wegen, die Deutschen befällt die Geschichtsvergessenheit, im Taumel des weltmeisterlich beförderten Hurra-Patriotismus! Das Fernsehen kommt seinem Auftrag nach, die Deutschen an ihre finsterste Zeit zu erinnern, und sei es nur für den Moment des flüchtigen Durchzappens. Hitler als Schreckgespenst in der Einöde des Abendprogramms, irgendwo zwischen Krimis und Melodramen, Casting-Shows und Doku-Soaps taucht er auf und ruft: „Buh! Äch bin wieder da!“ Offenbar fehlt es nicht an Nachfrage.

Ich frage mich: Wer schaut das alles? Wer erträgt so viel Krieg, Tod und Vernichtung am Stück und in Serie? Ist das noch Bildung oder schon Buße?

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