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Woran erkennt man einen Klassiker? An der Zitierbarkeit. Und an der Tatsache, dass er auch zitiert wird. Fight Club ist so ein Klassiker. Viele Sätze darin sind zum Einrahmen. Seine Fans verehren den Roman und mehr noch den Film fast so kultisch wie das Projekt Chaos seinen Anführer. Man kann faszininiert und abgestoßen zugleich sein, aber der Stoff lässt einen nicht kalt. Schon der Roman von Chuck Palahniuk aus dem Jahr 1996 polarisierte die Kritiker. Auch David Finchers geniale Verfilmung drei Jahre später. Doch im Kino war dem Film kein Erfolg beschieden. Die Zeit schien noch nicht reif für dieses Werk, das seiner Zeit weit voraus war. Erst auf DVD erlangte er Kultstatus – und zählt heute allgemein (wie etwa bei IMDb) zu den besten Filmen. Der Film verhalf auch dem Buch zu spätem Ruhm. Ende gut, alles gut. Bis jetzt. Denn jetzt erfährt die Fangemeinde: Das ist nicht das Ende. Es gibt eine Fortsetzung. Und zwar als Comic. Fight Club 2 als Comic? Hat die Gier den Autor eingeholt, sodass er die Rechte für so einen Unsinn verscherbelt? Nein, das Skript für den Comic stammt von Palahniuk selbst.
Die Handlung spielt zehn Jahre nach den bekannten Ereignissen. Der bislang namenlose Protagonist (oft fälschlicherweise Jack genannt), nennt sich nun Sebastian. Er ist mit Marla Singer verheiratet und hat mit ihr einen Sohn. Doch das Paar ist unglücklich. Sebastian unterdrückt mit Pillen seinen imaginären Freund Tyler Durden, geht wieder einem faden Brotberuf nach, Marla ist gelangweilt und frustriert und besucht wieder Selbsthilfegruppen, um anderen ihr Leid zu klagen. Der Sohn wiederum beschäftigt sich selbst mit Chemie-Experimenten, die für ein Kind seines Alters eigentlich zu hoch sein müssten. Um wieder mehr Schwung in ihr Sexleben zu bringen, sabotiert Marla Sebastians Medikamente, sodass sie mit Tyler fremd gehen kann. Doch dadurch kommt Sebastians größter Feind wieder hervor und führt seine Armee in einen neuen Plan, um die Welt ins Chaos zu stürzen. Als erstes entführt er Sebastians Sohn …
Warum eine Fortsetzung?
Zunächst muss man anerkennen, dass Fight Club 2 nicht bloß eine in Bildern erzählter Roman ist. Palahniuk und sein Zeichner Cameron Stewart machen ausgiebig von den Möglichkeiten des Mediums Comic Gebrauch, so wie der Film einst die damaligen Möglichkeiten seines Mediums ausgeschöpft hat: Parallelmontagen, Collagen, über die Seiten verstreute Nahaufnahmen von Pillen überlagern die Panels und Sprechblasen.
Doch leider wird in dem Buch nie deutlich, warum es diese Fortsetzung braucht. Fight Club 2 erschöpft sich in Selbstzitaten, all das haben wir schon einmal gelesen oder gesehen, nur dass es jetzt noch drastischer wird. Tote stehen wieder auf (Robert Paulson, Chloe), es werden noch ein paar Tabus gebrochen – bis hin zu völlig absurden Wendungen, wie dass Marla sich in einem Kriegsgebiet versteckt oder dass todkranke Kinder in den Kampf gegen Tylers Armee ziehen. Tyler will die Welt zerstören und mit einigen Auserwählten eine neue Zivilisation aufbauen. Das ist so ziemlich der abgedroschenste Mad Scientist-Plot, den es gibt. Und weil es dieses Mal auch keine überraschende Wendung gibt (wir wissen längt, dass der Erzähler und Tyler dieselbe Person sind), flieht der Autor in die Meta-Fiktion, indem er sich selbst in seine Geschichte einbaut, über die Handlung reflektiert und schließlich auch eingreift. Das funktioniert nur leidlich. Es wirkt wie ein billiger Trick. Und es rettet ihn auch nicht, dass er einige Nebenfiguren eben das kritisieren lässt. Selbstreflexion entschuldigt nicht die Einfallslosigkeit.
Nichts als Wiederholung
Auch die Figuren bekommen nicht mehr Tiefe abgerungen, im Gegenteil: sie bleiben auf dem Niveau des ersten Teils stehen. Zu Beginn gibt es noch ein paar schöne Sequenzen, die die Ehekrise versinnbildlichen, aber Charaktere gehen im allgemeinen Krawall unter. Was ebenfalls fast ganz wegfällt, ist die Philosophie hinter den Aktionen: Die einst sorgfältig aufgebaute, sich bis ins Radikale steigernde Konsumkritik ist nur noch auf Gemeinplätze reduziert, dumpfe Parolen, die den Irrsinn rechtfertigen sollen, den Tyler und seine Schergen anstellen. Das Projekt Chaos ist nichts als ein faschistoider Haufen tumber Gefolgsleute, die ebenso hirnlos ihrem charismatischen Führer folgen wie einst den Kaufbefehlen der Werbung. Mag sein, dass darin die Ironie der Geschichte besteht, aber die wurde auch schon im Original deutlich.
Fight Club war perfekt, weil es so viel ausdrückte und damit alles gesagt war. Fight Club 2 hat dem nichts hinzuzufügen außer der Wiederholung. Um es mit dem Helden aus Teil eins zu sagen: „Alles ist nur eine Kopie“. Der Comic ist eben auch nur ein Massenmedium wie das Buch und der Film, billig reproduzierbar und kommerziell. Sobald das Kunstwerk diesen Status erreicht, wird es selbst zu einem Konsumprodukt. Fight Club 2 ist leider auch nicht viel mehr als das.
Und es kommt noch schlimmer: Teil 3 ist bereits in der Mache. Es wird wieder ein Comic.