kapitalismus

Reboot der Gesellschaft

Fscociety: Werbung für Mr. Robot (Foto: Lukas Gedziorowski)

Fscociety: Werbung für Mr. Robot (Foto: Lukas Gedziorowski)

Wer immer noch glaubt, das Internet bedeute Freiheit, sollte sich die Serie Mr. Robot ansehen.

Es gibt zwei Filme, erschienen kurz vor der Millenniumswende, die sollte man niemals direkt hintereinander schauen – das wäre so gefährlich, wie Benzin und gefrorenes Orangensaftkonzentrat zusammenzubringen: Matrix und Fight Club. Sonst könnte man danach revolutionäre Tendenzen entwickeln. Denn die Filme sind Geschwister im Geiste: In beiden geht es um ein System der Kontrolle, das es zu überwinden gilt. In Matrix die totale Überwachung innerhalb einer künstlichen Welt, die einem Realität vorgaukelt, um einen auszubeuten. In David Finchers Fight Club ist das System der Kapitalismus, der einen mit Werbung einlullt, falsche Träume erschafft und Bedürfnisse weckt, die nicht zu befriedigen sind.

Die Serie Mr. Robot handelt nicht nur von denselben Themen, sondern bringt die Motive beider Filme zusammen: Ein Hackerdrama, der Fall aus dem tristen Büroalltag in den Kaninchenbau des düsteren Wunderlands, der Kampf gegen einen bösen Konzern, der frei heraus einfach „Evil Corp“ heißt, und das Ziel der Weltrevolution, die die Befreiung der Menschen von der Knechtschaft der Schulden bedeutet. Matrix und Fight Club in einem? Das klingt nach einer billigen Gleichung, ergibt aber tatsächlich rund zehn Stunden beste Unterhaltung.

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Träumerin des Kapitalismus

Egmont Graphic Novel

Egmont Graphic Novel

Sie ist die Frage aller Fragen. Jedenfalls für Geisteswissenschaftler. Was soll man mit einem Abschluss in Literatur machen? Die Mittzwanzigerin Corinna hat die Frage pragmatisch für sich beantworet: Sie ist Texterin bei einer Werbeagentur. Was sonst sollte sie auch tun? Doch sie hat sich ihr Leben anders vorgestellt, als sich Claims für Kinderparfum einfallen zu lassen. Eigentlich wollte sie Schriftstellerin werden und die Werbung sollte nur für den Übergang sein, um Geld zu verdienen. Doch in den vergangenen fünf Jahren hat sie nichts als Werbetexte geschrieben. Jetzt lässt ihr Enthusiasmus nach – was auch andere merken. Corinna ist darüber hinaus auch einsam, kennt außerhalb der Arbeit niemanden in New York. Für den Thrill im Alltag klaut sie hin und wieder eine Zeitschrift aus einem Supermarkt.

Das alles hört sich an wie eine typische „Wer-kennt-das-nicht-Geschichte“, eine Story über Luxusprobleme einer verwöhnten Gesellschaft. Und leider ist sie das auch. Michael Cho erzählt in seinem ersten eigenen Comic eine kurze Geschichte über eine Frau in einer existenziellen Sackgasse, aber er geht nicht über die gängigen Topoi einer Großstadtgeschichte hinaus: Die wohlhabende, gebildete Frau, der es äußerlich an nichts fehlt, aber die sich innerlich leer fühlt, weil ihre Arbeit in der Werbeagentur sie nicht ausfüllt. Diese Leere versucht die Werbefrau, die Prostituierte des Kapitalismus, zu füllen, indem sie sich heimlich etwas von ihm zurückholt, indem sie nur bei Ketten stiehlt. Die Überflüssige bedient sich beim Überfluss, um mit ihm gleichauf zu sein – ein allzu plakatives Konstrukt. „Wir sind die Träumer des Kapitalismus“, sagt Corinnas Vorgesetzter einmal über die Werbebranche. Corinna träumt im Gegenzug von Dingen, die ihr der Kapitalismus nicht geben kann. Aber dass dieser Traum in des Heilsversprechens in einem radikalen „Tu-was-du-willst“ aufgehen soll, wie das Ende verheißt, wirkt dann doch zu naiv.

Aber da sind noch die Panels. Cho schafft mit seinem schlichten und klaren Zeichenstil, der mit Darwyn Cooke vergleichbar ist, ausdrucksstarke Bilder, die er durchgehend nur mit Rosa koloriert. So entstehen einige Momente von intimer Schönheit, aber auch spektakuläre Stadtpanoramen, in dessen Gewimmel man sich verlieren kann. Fast 100 Seiten lang wird immerhin eine Augenweide geboten – wenn schon sonst wenig Neues. Dem Erstling sei es verziehen, falls da mal noch Reiferes kommen sollte.

>> Michael Cho: Shoplifter. Mein fast perfektes Leben, Egmont Graphic Novel 2015.

Die Wurzel allen Übels

Die Liste der Woche: Ein Sampler über Geld, Teil 2
Euro-Skulptur in Frankfurt (Foto: Lukas Gedziorowski)

Euro-Skulptur in Frankfurt (Foto: Lukas Gedziorowski)

Hier kommt sie, die Fortsetzung der Playlist über das Thema Nummer Eins: Geld. Für die Andrews Sisters ist es die Wurzel allen Übels, Fred Astaire will es unbedingt loswerden, Dean Martin brennt es einen Loch in die Tasche. Die Skyliners träumen davon, dass es Pennies regnet. Für The Ink Spots gehört zum Glück mit Geld auch eine Frau.

Doch nicht jeder ist von dieser Engführung angetan: Lefty Frizzell ist mit seinem Baby nicht so glücklich, weil es ihn an Geld erinnert, da es von Mann zu Mann gehe. Und die Everly Brothers leiden darunter, dass ihre große Liebe sich einen wohlhabenden Mann wünscht. James Brown bedauert zunächst, dass er zwar Geld, aber keine Liebe habe. Dann sieht er ein, dass Geld keinen besseren Menschen aus ihm gemacht habe. „Ain’t there something money can’t buy?“, fragen Youth-Hold Unlimited, und The Ink Spots finden die Antwort darauf: „The best things in life are free.“-  Auch wenn sie selbst von einem Vermögen träumen.

Voller Stolz auf diese Liste, mit der wir uns wieder mal selbst übertroffen haben, wünschen wir ein angenehmes Lauschen!

Wer die Welt zusammenhält

Die Liste der Woche: Filme über die Finanzbranche, Teil 2 (Dokumentationen)
Bankenturm in Frankfurt am Main

Bankenturm in Frankfurt am Main (Foto: Lukas Gedziorowski)

Nachdem wir vor einigen Wochen Spielfilme über Banker, Makler und Spekulanten vorgestellt haben, geht es nun ans Eingemachte: Fünf Dokumentationen zeigen uns – mal mehr, mal weniger neutral -, wie es wirklich in der bunten Welt der Wirtschaft zugeht. Firmenpleite bei Enron, Globalisierung, Kapitalismus, Liberalismus, Finanzkrise und das Leben von Investmentbankern sind die Themen. Und mal wieder schleicht sich die Erkenntnis ein, dass die Realität viel grotesker, absurder und wahnsinniger ist als die Fiktion. Insofern eine Warnung vorab: Wer alle fünf Filme gesehen hat, könnte zum Revolutionär werden, in die Politik gehen oder Wirtschaft studieren, um den ganzen Laden mal umzukrempeln. Es ist dringend nötig.

  1. Master of the Universe
  2. Inside Job
  3. Enron – The Smartest Guys In The Room
  4. Let’s Make Money
  5. Kapitalismus: Eine Liebesgeschichte

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Kapitalismus als Party

The Wolf of Wall Street

So macht Geldverdienen Spaß: Schamlos. Ohne Hemmungen, Moral und Realitätsbewusstsein. Martin Scorsese führt in seinem Film The Wolf of Wall Street den Kapitalismus als Drogenrausch vor. Und das so exzessiv, dass man sich der Verlockung kaum entziehen kann. Auch wegen seines grandiosen Hauptdarstellers: Leonardo DiCaprio.

Okay, wir kennen die Börse als Casino, als Ort der Zocker, der Gierigen und der Abgebrühten. Doch Jordan Belfort zeigt uns die Wall Street als Hochburg der Maßlosigkeit. An den Telefonen seiner Firma, Stratton Oakmont, herrscht eine aggressive Stimmung: Die Verkäufer reißen sich wie die Wölfe um ihre Kunden, sie überreden sie, verführen sie und lassen nicht eher los, bis sie einwilligen. Und sie willigen oft ein. So oft, dass in den Pausen stets Euphorie herrscht: Party, Paraden, Exzesse mit Drogen und Nutten. Und ganz vorne mit dabei ist Jordan Belfort, ein junger Broker, der das Rezept für das ganz große Geld gefunden hat und nun nichts tut, als ständig die Ernte einzufahren.

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Banker, Makler, Spekulanten

Die Liste der Woche: Filme über die Finanzbranche

dollarbill

Mit dem Geldverdienen ist es wie mit Drogen: Wenn man es übertreibt, ist es berauschend, dann exzessiv. Wie es zur Orgie ausarten kann, führt Martin Scorsese in seinem neuesten Film The Wolf of Wall Street im Kino vor. Ein weiterer Kommentar zum dekadenten Kapitalismus und seiner moralischen Krise. Nicht erst seit 2008 hat die Filmindustrie das Thema Finanzwelt für sich entdeckt. Doch allzu viele Filme darüber gibt es nicht: Ironischerweise bringt ein Film übers Geldmachen nicht viel Geld ein – außer bei Scorsese natürlich. Trotzdem muss das trockene Thema nicht langweilig inszeniert sein: Wir haben eine Liste mit den interessantesten Werken zusammengestellt. Auffällig ist, dass es in den meisten der acht Filme nicht primär um Geld geht, sondern um den Reiz oder die Notwendigkeit des Geldverdienens. Im Mittelpunkt stehen Zocker, die angetrieben sind vom Erfolg oder Existenzängsten und dabei meist zu Lügnern und Selbstbetrügern werden. (Den „Soundtrack“ zum Thema gibt es hier.)

  1. Der große Crash
  2. Arbitrage
  3. Glengarry Glen Ross
  4. Wall Street
  5. Risiko – Der schnellste Weg zum Reichtum
  6. Owning Mahowny
  7. Das schnelle Geld – Die Nick-Leeson-Story
  8. Das Geld anderer Leute

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Your love don’t pay my bills

Die Liste der Woche: Ein Sampler über Geld
Der Kreislauf des Geldes (Brunnen in Aachen). Foto: Gedziorowski

Der Kreislauf des Geldes (Brunnen in Aachen). Foto: Gedziorowski

Wie sagte Lex Luthor noch so schön? „Das ist nur Geld, Superman. Es regiert die Welt, es schmiert die Rädchen, es bringt Satelliten ihre Umlaufbahn, und man kann damit wunderbare Dinge erschaffen.“ (JLA #15, 1998) Wir haben eine (Spotify-)Liste mit Songs zusammengestellt, die sich mit dieser wohl seltsamsten Erfindung der Menschheit auseinandersetzen: Selbstironisch, zynisch, gierig. Was fehlt, da nicht auf Spotify zu finden, sind die drei wichtigsten Beatles-Songs zum Thema: „Taxman“, „Baby, You’re A Rich Man“ und „You Never Give Me Your Money“. Wir hoffen, dass Ihr auch so viel Freude beim Hören habt!

  1. Rosco Gordon: Throwin‘ My Money Away
  2. Bill Davis Trio: Bring The Money In
  3. Clyde McPhatter and The Drifters: Money Honey
  4. Elvis Presley: Just Because
  5. Rufus Thomas: Save That Money
  6. Chuck Berry: No Money Down
  7. Little Willie John: Love, Life and Money
  8. Barrett Strong: Money (That’s What I Want)
  9. The Sonics: Money
  10. Manfred Mann: I Wanna Be Rich
  11. The Kinks: The Moneygoround
  12. Pink Floyd: Money
  13. Patti Smith: Free Money
  14. Dennis Brown: Money In My Pocket
  15. Randy Newman: It’s Money That I Love