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Kino – Rückblick 2014 und Ausblick 2015

Disney

Disney

2014 war ein gutes Kinojahr. Ein sehr gutes sogar. Und das Beste: Endlich ist diese unsäglich-aufgeblasene Hobbit-Trilogie zu Ende gegangen. Jetzt kann sich Peter Jackson etwas Vernünftigerem widmen, zum Beispiel dem nächsten Tim und Struppi-Film. Aber fangen wir noch mal von vorn an: Das Kinojahr begann mit einer starken Auswahl zur Oscarverleihung (einige der nominierten Filme kamen bei uns erst in diesem Jahr raus). Dann legte Wes Anderson mit Grand Budapest Hotel ein weiteres Meisterwerk vor. Boyhood war ein nettes Filmchen – wird aber von den Kritikern zu sehr gehypt. Captain America überraschte uns damit, wie zeitgemäß ein altbackener Held sein kann. Und Bryan Singer hat mit seiner Rückkehr zu den X-Men in ihrem siebten Film dem Franchise zu neuer Höhe verholfen. Unerwartet gut debütierten die bis dato unbekannten Guardians of the Galaxy – damit bewies Marvel am besten, dass es Blockbuster mit Mut zum Frischen und Unbekannten produzieren kann. Und Planet der Affen: Revolution war auch ganz unterhaltsam.

Im Herbst verstörte uns David Finchers Gone Girl so nachhaltig, dass wir seitdem Angst haben, das Bett mit einer Frau zu teilen. No Turning Back war mal wieder ein schönes Kammerspiel im Buried-Stil. Chadwick Boseman lehrte uns in Get On Up, James Brown als den Godfather of Soul zu verehren. Und Jake Gyllenhaal erschreckte uns in Nightcrawler, indem er die Fratze der Fernsehnachrichten zeigte und beerbte damit „Taxi Driver“ Robert DeNiro. Im Genre Dokumentation beeindruckten die Fotos von Sebastiao Salgado (im ansonsten drögen Das Salz der Erde von Wim Wenders) und Nick Cave als Selbstinszenierer in 20.000 Days On Earth (zugegeben: nur eine halbe Dokumentation).

Doch es gab auch einige Enttäuschungen: Interstellar, The Amazing Spider-Man 2, Snowpiercer, American Hustle und vor allem Her. Christopher Nolan sollte sich künftig weniger wichtig nehmen, das würde seinen Filmen mehr Leichtigkeit verleihen. Spider-Man steckt seit seinem Reboot zu sehr in der Wiederholungsschleife fest und bleibt hinter den Standards zurück, die Marvel sonst mit seinen Superheldenfilmen setzt. Snowpiercer war bei weiten nicht so genial wie die Kritiker behaupteten, im Gegenteil: eigentlich eine stupide Keilerei in einem sinnfreien Szenario, das selbst als Allegorie nicht viel hergibt. Was an American Hustle toll sein soll, ist uns schleierhaft. Und Her war mit Abstand der langweiligste Film des Jahres – aber leider hielt uns der Ärger vom Einschlafen ab.

  1. Nightcrawler
  2. Grand Budapest Hotel
  3. All Is Lost
  4. The Wolf of Wall Street
  5. Nebraska
  6. Gone Girl
  7. Get On Up
  8. Guardians of the Galaxy
  9. Captain America
  10. X-Men: Zukunft ist Vergangenheit
  11. Planet der Affen: Revolution
  12. No Turning Back

Das neue Kino-Jahr wird vielversprechend: Wir kriegen viel Science Fiction, Dinos und vor allem viele Superhelden geboten. Doch zunächst die Award-Season. St. Vincent (8.1.) soll mal wieder Bill Murray in Bestform zeigen. Der große Trip – Wild (15.1.) ist ein Wanderer-Drama mit Reese Witherspoon und Oscar-Potenzial. Eine Woche später läuft The Imitation Game mit Benedict Cumberbatch als Mathematiker Alan Turing an.

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Hauptsache alles drauf

nightcrawler

Wer würde schon einen Dieb einstellen? Niemand. Deshalb muss der Dieb auf selbständiger Basis arbeiten. Aber der Dieb braucht auch Hehler. Ein Metalldieb wird auf dem Schrottplatz sein Zeug los. Der Sensationsgeier beim Fernsehen. Der Film Nightcrawler zeigt eine solche Karriere, vom Metalldieb zum Lieferant von Filmmaterial, das von Tatorten und Unfallstellen stammt. Lou Bloom (Jake Gyllenhaal) ist unser Antiheld, ein seltsamer Einzelgänger und ein Versager, aber alles andere als dumm. Man fragt sich, warum er es zu nichts gebracht hat, bei so einer schnellen Auffassungsgabe. Aber er ist wohl ein Spätzünder, der sein Talent erst spät entdeckt.

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Wichtig ist nicht immer richtig

citizenfour

Es gibt Filme, die allein von ihrem Thema profitieren. Weil es gerade „aktuell“ oder gar „wichtig“ ist, färbt es auf das Werk ab, das davon handelt. Die Doku Citizenfour ist ein Paradebeispiel dafür. Lobeshymnen erklingen für den Snowden-Film, der ja so authentisch und erschreckend und ach so … wichtig ist – jaja … Nüchtern betrachtet bietet dieser Film nichts Neues – bis auf die Bilder zu den Interviews, die Basis für die Berichte im vergangenen Jahr waren. Doch es sind Bilder ohne Mehrwert. Stümperhaft (oder gewollt unruhig, aber nervig) gefilmt sieht man ein paar Gesichter in Nahaufnahmen und einen Snowden, wie er sich in seinem Hotelzimmer die Haare richtet, sich paranoid unter einer Decke versteckt, wenn er sein Passwort eingibt, oder gedankenverloren aus dem Fenster schaut. Der Nebeneffekt: Anders als es Snowden wollte (und im Film ständig beteuert) rückt die Doku die Person in den Vordergrund statt sich darum zu kümmern, die Umstände, die diese anprangert, näher zu beleuchten. So fragt man sich nach fast zwei Stunden Laufzeit, warum man sich diesen drögen, oberflächlichen und zähen Film angetan hat, wenn man hinterher so schlau ist wie zuvor.

Odyssee durchs Wurmloch

interstellar

Man nehme Kubricks 2001, füge die Essenz von Zemeckis‘ Contact hinzu und garniere das Ganze mit Boyles Sunshine – dann hat man Nolans Interstellar. Ein Drei-Stunden-Schinken über eine Odyssee von Weltraumfahrern, die eine neue Heimat für die Menschheit suchen, weil die Erde eingeht. Man könnte auch sagen, es gehe um einen alleinerziehenden Vater, der für die Sicherheit seiner Kinder sorgt. Oder: Eine Pionierfahrt zum Zwecke der Landnahme angesichts der drohenden Apokalypse. Und wie so oft verlangt Nolan seinen Zuschauern überdurchnschnittlich viel Geisteskraft ab. Dieses Mal sollte man einmal Einstein oder Hawking für Dummies querlesen, damit man das mit der Relativität und Wurmlöchern auf die Reihe kriegt, um da durchzusteigen. Aber das ist nur der pseudowissenschaftliche Anspruch. Ähnlich wie bei Batman Begins versucht Nolan zwar, das Fantastische möglichst glaubwürdig zu machen. Aber hier sind die Erklärungen so abgehoben, dass der Normalzuschauer ohnehin nicht folgen kann – und auch nicht muss. Denn zum Schluss machen es sich die Brüder Nolan allzu einfach mit der Lösung des Rätsels und bemühen (ACHTUNG SPOILER!!!) die gute alte Zeitschleife (und damit eine Paradoxie), um ihrer Story einen halbwegs interessanten Twist zu verleihen.

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Frau aus dem Haus

Gone Girl

Jetzt ist sie weg – weg! Und ich bin wieder allein, allein …

David Finchers neuester Streich, Gone Girl, ist mal wieder super-clever geraten: Kommt daher wie ein Krimi, dann wie ein Thriller, ist aber nichts als ein hochaufgeladenes Drama über die Ehe – und zugleich eine Abrechnung mit ihr. Paare sollten ihn sich nicht in einer Reihe mit Zeiten des Aufruhrs ansehen.

Kaum war der Film aus und das Kinopublikum strömte während des Abspanns auf den Ausgang zu, da war schon der erste Zank zu hören: „Ich habe ja gar nicht gesagt, dass der Film schlecht war!“, blafft eine junge Frau ihren männlichen Begleiter an. Ich habe nicht mehr gehört, wie das Gespräch weiterging, aber die Stimmung war ziemlich aufgeheizt. Ich dachte an irgendeinen Fall gestörter Kommunikation, ein banales Missverständnis, das vielleicht zu einem Streit, vielleicht zu einem versauten Abend führen würde. Und so unnötig es erschien, so verständlich war es auch. Denn dieser Film, Gone Girl, wühlt auf, hinterlässt Spuren, wenn nicht gar Narben. Paare sind besonders gefährdet.

Denn er hat eine Wirkung wie sie zuvor nur Filme wie Zeiten des Aufruhrs oder Bücher wie Goethes Wahlverwandtschaften hatten. Gone Girl konstruiert vielleicht einen Extremfall, aber erschüttert zugleich auch das Konzept der Ehe so sehr, dass man seine Zweifel daran bekommen könnte, ob Männer und Frauen (oder die gleichgeschlechtlichen Äquivalente) überhaupt zusammenpassen – oder ob sie sich nur zusammenraufen. Ehe ist hier Arbeit, harte Arbeit, so hart, dass man sich fragen kann, ob sie die Mühe wert ist usw.

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Eine Dreieckstragödie

Wer den Urlaub genießt, will, dass er nie aufhört: Müßiggang, ein bisschen Kultur und viel kulinarischer Genuss. So geht es auch unserem Pärchen in dem Film Die zwei Gesichter des Januars: Chester (Viggo Mortensen) und Colette (Kirsten Dunst) sind im Athen der 60er Jahre unterwegs und schauen sich die antiken Ruinen an, als ihnen der junge Fremdenführer Rydal (Oscar Isaac) über den Weg läuft. Der Mann starrt ein wenig auffällig – vor allem scheint er sich für die Frau zu interessieren. Er selbst sagt, dass ihn der Chester an seinen Vater erinnere, der vor kurzem gestorben sei und dessen Begräbnis der Sohn gemieden hat. Der junge Mann verbringt Zeit mit dem Paar, führt sie rum, bescheißt sie ein wenig, aber ohne größere Schäden – denn Geld haben sie ja genug.

Doch offenbar ist das nicht ehrlich erworben: Eines Abends steht ein Privatdetektiv vor der Hoteltür des Paares und fordert von Chester, der Anlageberater ist, das Geld seiner betrogenen Klienten zurück. Es kommt zum Kampf, der Detektiv stirbt – und unser Held hat eine Menge Ärger am Hals. Er flieht mit seiner Frau, der junge Mann begleitet sie und versucht, ihnen mit neuen Pässen zu helfen. Unterwegs kommt es zu einer Dreiecksgeschichte mit Eifersüchteleien und Gewalt – die Sache gerät zur Tragödie.

Regisseur und Drehbuchautor Hossein Amini (Drive) hat den Roman von Patricia Highsmith zu einem flüssigen, stringenten Film gemacht, der die Balance zwischen Drama und Thriller schafft, ohne allzusehr in Reißerisches oder Melodramatisches abzudriften. Vielmehr wird die Odyssee dreier Leute gezeigt, die sich schon längst in der Fremde verloren haben und nun alles dafür tun, um aneinander kaputt zu gehen. Hier und da hätte man sich vielleicht ein paar tiefere Einblicke in die Charaktere gewünscht, so bleiben neben Viggo Mortensen die beiden anderen Rollen etwas zurück und die Verknüpfung, die zwischen Rydals Vater und Chester gezogen wird, ist etwas bemüht und bleibt oberflächlich. Dennoch: Ein unterhaltsames, kurzweiliges Filmvergnügen.

Seichte Bilderfluten

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Es gibt Filme, die so vorhersehbar sind, dass man sich die Frage stellt, warum es sie überhaupt gibt. Zum Beispiel bei Remakes und Reboots. Warum macht sich ein ambitionierter Filmemacher die Mühe, ein Drehbuch zu schreiben und hunderte Millionen Dollar zu verprassen, um eine Geschichte zu erzählen, die erstens jeder kennt, die zweitens schon ein Dutzend mal erzählt wurde und die drittens keinen nennenswerten Neuansatz bietet. So geschehen bei Darren Aronofskys Noah. Nach visionären Filmen wie Pi, Requiem for a Dream und The Fountain, sowie Publikums- und Kritikerlieblingen wie The Wrestler und Black Swan hat das Regietalent einen biblischen Stoff neu verfilmt. Der Cineast ist skeptisch ob des Themas, aber neugierig, da immerhin ein fähiger Mann verantwortlich war. Also gut: Man setzt sich – die anderen fünf Filme in guter bis sehr guter Erinnerung – mit allerhand Vorschusslorbeeren ins Kino und erwartet etwas für seine 12 Euro, die die Karte dank Überlänge und 3D-Zuschlag kostet.

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Alles andere als amazing

Amazing Spider-Man

Der Film The Amazing Spider-Man 2 bietet zwar großes Spektakel, bleibt aber wie sein Vorgänger ein sehr durchschnittlicher Superheldenfilm, der sich zu sehr auf Altbewährtes und Klischees verlässt.

ACHTUNG: SPOILER!!!

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Es fährt ein Zug nach nirgendwo

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Der dystopische Film Snowpiercer hat noch vor Kinostart für Aufsehen gesorgt, manche sehen darin das nächste große Ding. Doch leider bleibt der Film zu geradlinig, zu sehr alten Formeln verhaftet und ermüdet durch lange Kampfszenen. Das alles hat man schon mal besser gesehen.

Stellen wir uns vor, die Welt würde vereisen. Dann müssten sich die Menschen, die die Katastrophe überlebt haben, irgendwo vor der Kälte in Sicherheit bringen. In gut isolierte Gebäude, Passivhäuser vielleicht. Oder, wenn das nichts hilft, in den Untergrund, weil es im Erdinneren bis auf absehbare Zeit warm bleiben dürfte. Oder aber man macht sich mobil, wie zum Beispiel in einem Zug, der um die ganze Welt fährt. Ja, warum denn nicht mal ein Zug, als Arche für Mensch, Tier und Pflanzen?

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Gesellschaft in Angst

12 Years A Slave

Der Film 12 Years A Slave ist zurecht gelobt und geehrt: Regisseur Steve McQueen hat alles richtig gemacht. Ihm ist ein Werk über die Sklaverei in den USA gelungen, das beim Zusehen wehtut und zugleich zutiefst befriedigt, dass es so einen Film gibt. Ein emotionales und ästhetisches Erlebnis – ohne viel Pathos.

Da ist man ein geachteter Bürger, spielt Violine und hat eine Familie, man bekommt einen Auftrag, geht auf Tournee und nach ein paar Bechern Wein zuviel wacht man im Kerker auf – angekettet. Im Falle von Solomon Northup ist es keine Ausnüchterungszelle, sondern die Gefangenschaft in Sklaverei. Er kann noch so sehr protestieren und beteuern, das sei ein Missverständnis, er sei ein freier Mann und gehöre nicht hierher. Die Typen, die ihn festhalten, interessiert an diesem Menschen nur, was er wohl auf dem Markt bringt. Auf dem Schwarzmarkt wohlgemerkt – und das hat hier leider zwei Bedeutungen.

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