Nachrichten

Kürze für Eilige

Der Internetleser ist bekanntlich ein scheues Reh. Langweilige oder – noch schlimmer – lange Texte schrecken ihn ab, er macht sich davon, sobald ihn etwas anstrengt oder über Facebook der nächste YouTube-Schwachsinn leichte, kurzweilige Unterhaltung bietet. So jedenfalls die Theorie. Denkt man das zu Ende, haben wir es mit stammelnden Kretins zu tun, die alles überfordert, was länger als ein Tweet ist.

Manche Nachrichtenseiten arbeiten deshalb daran, das Lesevergnügen zu optimieren, das heißt: sich noch kürzer zu fassen. Auf Süddeutsche.de findet man seit einiger Zeit statt eines Teasers eine Zusammenfassung in vier Stichpunkten vor jedem Artikel, der ein „hartes Thema“ wie Politik oder Wirtschaft behandelt. Im Ressort Kultur verlässt man sich noch auf den guten alten Teaser. Da traut man dem Leser offenbar noch Interesse und Geduld zu.

Nun hat auch Spiegel Online einen ähnlichen Service eingeführt. „Wenig Zeit? Am Textende gibt’s eine Zusammenfassung“, steht jetzt zwischen Anlese und Haupttext längerer Texte (auch hier zunächst bei der Politik). Doch ein Mehrwert erschließt sich nicht: Bei dem Bericht über das Ende des Edathy-Prozesses liest, kann man dann unten lesen, was auch schon in der Anlese steht. Ähnlich ist es bei dem Text über die Bundeswehr-Ausbildung der Peschmerga: bis auf ein Zitat gibt es da nichts, was man nicht schon aus dem Teaser erfahren hätte. Für den, der sich die Mühe gemacht hat, sich durch den Text durchzukämpfen, wirkt das Fazit am Ende wie ein redundanter Wink mit dem Zaunpfahl. Man sollte seine Leser nicht für allzu blöd halten. Es gibt ja immer noch die andere, nie ganz auszuschließende Möglichkeit und Hoffnung: Manch einer könnte sich auf eine Nachrichtenseite verirren, um tatsächlich etwas über das Weltgeschehen erfahren.

Hauptsache alles drauf

nightcrawler

Wer würde schon einen Dieb einstellen? Niemand. Deshalb muss der Dieb auf selbständiger Basis arbeiten. Aber der Dieb braucht auch Hehler. Ein Metalldieb wird auf dem Schrottplatz sein Zeug los. Der Sensationsgeier beim Fernsehen. Der Film Nightcrawler zeigt eine solche Karriere, vom Metalldieb zum Lieferant von Filmmaterial, das von Tatorten und Unfallstellen stammt. Lou Bloom (Jake Gyllenhaal) ist unser Antiheld, ein seltsamer Einzelgänger und ein Versager, aber alles andere als dumm. Man fragt sich, warum er es zu nichts gebracht hat, bei so einer schnellen Auffassungsgabe. Aber er ist wohl ein Spätzünder, der sein Talent erst spät entdeckt.

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Die Jagd nach dem Knüller

Die Liste der Woche: Journalistenfilme
Good Night and Good Luck

Good Night and Good Luck

So spannend die Arbeit von Journalisten sein kann, so schwer ist aus ihr ein spannender Film zu  machen. Selten geben die mühsamen Prozesse der Recherche, der Interviews und anderer Hindernisse genug für eine gute Geschichte her. Die gute Geschichte gibt es im Idealfall zu lesen, der Weg dorthin bleibt meistens unerzählt. Einige Filmemacher haben es dennoch versucht. Wir stellen einige Filme über Journalisten vor.

  1. Network (1976)
  2. Frost/Nixon (2008)
  3. State of Play (2009)
  4. Insider (1999)
  5. Die Unbestechlichen (1976)
  6. Extrablatt (1974)
  7. Good Night and Good Luck (2005)
  8. Schlagzeilen (1994)
  9. Nachrichtenfieber – Broadcast News (1987)

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Nazi-TV

Es vergeht kein Tag ohne. Schaltet man abends den Fernseher ein, kommt man nicht umhin. Mindestens einmal, meistens aber öfter, flimmern diese Schwarz-weiß-Bilder über den Bildschirm, die uns sofort zeigen: Jetzt wird’s historisch! Und es ist nicht einfach nur Geschichte, nicht irgendeine Epoche, über die uns das deutsche Bildungsfernsehen aufzuklären versucht, nein, es ist immer dieselbe: Das Dritte Reich. Man könnte das Gefühl bekommen, es wäre nie untergegangen: So viele Nazis, immer wieder Nazis. Überall Hitler, Hakenkreuz und Holocaust. Wenn nicht bei den öffentlich-rechtlichen Sendern, dann ganz bestimmt auf N24 oder N-TV. Von wegen, die Deutschen befällt die Geschichtsvergessenheit, im Taumel des weltmeisterlich beförderten Hurra-Patriotismus! Das Fernsehen kommt seinem Auftrag nach, die Deutschen an ihre finsterste Zeit zu erinnern, und sei es nur für den Moment des flüchtigen Durchzappens. Hitler als Schreckgespenst in der Einöde des Abendprogramms, irgendwo zwischen Krimis und Melodramen, Casting-Shows und Doku-Soaps taucht er auf und ruft: „Buh! Äch bin wieder da!“ Offenbar fehlt es nicht an Nachfrage.

Ich frage mich: Wer schaut das alles? Wer erträgt so viel Krieg, Tod und Vernichtung am Stück und in Serie? Ist das noch Bildung oder schon Buße?

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