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Spiel mit Haken

Star Trek TNG: The Game (S05E06)

Die Scheibe und der Trichter. Star Trek TNG: The Game (S05E06)

Man stelle es sich vor: ein Spiel, das einen die Realität vergessen lässt. Das so viel Lust bereitet, dass man nichts anderes mehr machen will. Das muss man sich nicht vorstellen, das gibt es längst. Spielsucht ist nichts Neues. Beobachten kann man sie in Casinos und Wettbüros wie an den Rechnern und Konsolen weltweit. Aber nun gibt es Pokémon Go, ein Spiel, in dem Realität und Virtuelles miteinander verschmelzen und das in wenigen Tagen nicht nur ein Hype, sondern sich so rasant wie eine Pandemie verbreitet. Es macht einem fast Angst, wie die App quer durch alle Altersschichten Menschen beschäftigt. Wie Zombies gehen sie in Scharen durch die Stadt, starren auf ihre Handys und ignorieren die einfachsten Verkehrsregeln und Privateigentum. Mittlerweile soll das Spiel im Netz populärer sein als Pornos …

Energize: Captain Picard als Zocker.

Energize: Captain Picard als Zocker.

Die Sache erinnert stark an eine Folge aus der Fernsehserie Star Trek – The Next Generation. Wieder hat sich die Science Fiction als visionär erwiesen. In „The Game“ (dt. Gefährliche Spielsucht, Staffel 5, Episode 6, 1991), verfällt die Crew einem ganz ähnlichem Spiel, das sich ebenfalls vor dem Hintergrund der Realität, aber als Projektion vor den Augen entfaltet. Man setzt sich ein Gestell auf und los geht’s. Ziel des Spiels ist es, mittels Willenskraft rote Scheiben in violette Trichter zu werfen. Als Belohnung wird das Lustzentrum im Hirn stimuliert.

Riker ist begeistert.

Riker ist begeistert.

Der erste Offizier, Commander Riker, bringt das Spiel von einer Reise mit. An Bord entwickelt sich ein Trend, dem bald alle anheimfallen. Die Besatzung macht kaum noch etwas anderes, als verträumt vor sich hinzustarren – auch beim Gehen. Nur der kleine Sternenflotten-Kadett Wesley Crusher und seine Freundin widersetzen sich dem Spiel und finden heraus, dass es nicht nur süchtig macht, sondern auch das Denken ausschaltet. Wesley sucht Hilfe bei Captain Picard, doch auch er ist schon auf dem Trip hängengeblieben. Schließlich fliegen die jugendlichen Rebellen auf, werden von ihren Freunden und Kollegen gefangen genommen und zum Spiel gezwungen. Es ist ein Alptraum, nicht von ungefähr erinnert der dramatische Höhepunkt im Finale an den Film Clockwork Orange.

Gezwungen zur Gehirnwäsche: Clockwork Orange lässt grüßen.

Gezwungen zur Gehirnwäsche: Clockwork Orange lässt grüßen.

Am Ende kann interessanterweise nur eine andere Maschine gegen das Computerspiel helfen: Commander Data, ein Android, der präventiv von der Crew ausgeschaltet wurde, erwacht aus seiner Starre und bringt mittels eines Blinklichts alle wieder zur Vernunft.

Data in The Game.

Deus ex machina bringt Erleuchtung.

Während sie in der Star Trek-Episode alle irgendwann mit diesen Aufsätzen durch die Gegend laufen, ist es jetzt das Smartphone, das sich die Leute vors Gesicht halten, während sie virtuellen Monstern nachjagen – und dabei die Welt um sich herum ausblenden. Bei Star Trek wird das Spiel nicht nur als Droge gefährlich: es ist ein perfides Mittel der Unterwerfung der Sternenflotte durch Aliens. Nintendo wird wohl nur eine Absichten verfolgen: Profit. Eingriffe in ihre Gehirne und ihre Lebenswelt lassen die Menschen von ganz allein zu. Und das einzige Blinklicht, das sie am Ende aus der Hypnose befreit, wird wohl bloß der nächste Hype sein …

Es müssen nicht immer Nazis sein

Was wäre wenn … ? Das ist wohl die zentrale Frage jeder Fiktion. Sie regt des Menschen höchste Gabe, die Vorstellungskraft, an. Sie befriedigt die Neugier nach den Dingen, die unergründbar sind. Und das schönste: Es gibt keine Grenzen. Alternative Geschichtsszenarien sind daher besonders beliebt, weil man es mit Fakten noch weniger genau nehmen muss als sonst. Eines, das die Fantasie vieler Autoren beflügelt hat, ist dieses: Was wäre, wenn die Nazis den Zweiten Weltkrieg gewonnen hätten? Das Horror-Szenario schlechthin. Vielleicht gar die Mutter aller Dystopien. Nazis ziehen immer. Sie sind die perfekten Schurken, die idealen Unterdrücker, das personifizierte Böse. Ein Hakenkreuz ist mittlerweile eindeutiger als Hörner und Pferdefuß. Für Amerikaner rufen vielleicht nur Hammer und Sichel so viele Urängste heror. Und auch bei den Deutschen ziehen Nazis immer. Fast.

Die Amazon-Serie The Man in the High Castle, die auf einem Roman von Philip K. Dick (Total Recall, Minority Report) basiert, reizt diese Vorstellung aus. In den frühen 60er Jahren sind die USA zwischen dem „Greater Nazi Reich“ und den Japanern aufgeteilt, dazwischen eine neutrale Zone. Hakenkreuze überall – selbst auf Telefonwählscheiben -, damit man auch ja nie vergisst, in welcher schlimmen Welt wir uns befinden. Die wahren Greuel kommen aber nur am Rande vor: Euthanasie, Vergasungen, Verbrennungen und Massengräber. Der Rest ist typisches Dystopia: Totale Kontrolle, Überwachung, Paranoia, Willkür, Verhöre mit Folter. Und natürlich ein Widerstand. Eine Frau aus San Francisco, die durch Zufall in Gefahr gerät, ein Nazi-Spion aus New York, der sich für einen Rebellen ausgibt. Man trifft sich in der Mitte, der neutralen Zone, um dem Chef der Widerstandsbewegung, dem ominösen Mann im hohen Schloss, einen verbotenen Film zu überbringen, einen Film, der eine alternative Geschichte zeigt: darin haben die USA den Krieg gewonnen. Ist das Fiktion? Propaganda? Die Wahrheit? Die Zukunft? Ein Paralleluniversum?

Man weiß es nicht. Und erfährt es in den ersten zehn Folgen nicht – bis erst in der letzten Szene der ersten Staffel eine Lösung angedeutet wird. Trotz dieser McGuffins, dem roten Faden, der die Erzählung spannend machen könnte, tritt die Handlung so oft auf der Stelle, wirken die Protagonisten so unentschlossen, planlos und lethargisch, dass man am liebsten selbst zur Tat schreiten würde – aber leider kann man nicht, leider ist ja alles nur Fiktion. Denn in der Realität sind die Dialoge zwar auch nicht häufig intelligenter, aber immerhin sind die Menschen nicht so eindimensional. Die Guten verkörpern die reine, naive Unschuld, die Bösen ausgefuchst wie es nur bei imaginären Übermenschen denkbar ist (natürlich auch Hitler) und die Wankenden schnell bekehrt. Und so bleibt The Man in the High Castle eine Serie, die die Neugier, die sie mit ihrer Prämisse weckt, schnell verspielt. Sie erschöpft sich im „Was-wäre-wenn?“ In diesem Fall ist aber die „wahre Geschichte“ eindeutig die spannendere – und selbst die reißerischen Nazi-Dokus des deutschen Fernsehens die bessere Wahl.

Reboot der Gesellschaft

Fscociety: Werbung für Mr. Robot (Foto: Lukas Gedziorowski)

Fscociety: Werbung für Mr. Robot (Foto: Lukas Gedziorowski)

Wer immer noch glaubt, das Internet bedeute Freiheit, sollte sich die Serie Mr. Robot ansehen.

Es gibt zwei Filme, erschienen kurz vor der Millenniumswende, die sollte man niemals direkt hintereinander schauen – das wäre so gefährlich, wie Benzin und gefrorenes Orangensaftkonzentrat zusammenzubringen: Matrix und Fight Club. Sonst könnte man danach revolutionäre Tendenzen entwickeln. Denn die Filme sind Geschwister im Geiste: In beiden geht es um ein System der Kontrolle, das es zu überwinden gilt. In Matrix die totale Überwachung innerhalb einer künstlichen Welt, die einem Realität vorgaukelt, um einen auszubeuten. In David Finchers Fight Club ist das System der Kapitalismus, der einen mit Werbung einlullt, falsche Träume erschafft und Bedürfnisse weckt, die nicht zu befriedigen sind.

Die Serie Mr. Robot handelt nicht nur von denselben Themen, sondern bringt die Motive beider Filme zusammen: Ein Hackerdrama, der Fall aus dem tristen Büroalltag in den Kaninchenbau des düsteren Wunderlands, der Kampf gegen einen bösen Konzern, der frei heraus einfach „Evil Corp“ heißt, und das Ziel der Weltrevolution, die die Befreiung der Menschen von der Knechtschaft der Schulden bedeutet. Matrix und Fight Club in einem? Das klingt nach einer billigen Gleichung, ergibt aber tatsächlich rund zehn Stunden beste Unterhaltung.

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Aus großer Macht folgt Größenwahn

Netflix

Netflix

Es gibt diese Szene bei Breaking Bad, in der der DEA-Agent Hank Schrader seinem Neffen Walter Jr. ein Buch schenkt (S03E08, „I See You“). Es handelt von den Agenten, die den kolumbianischen Drogenboss Pablo Escobar verfolgt haben. Hank bedauert, dass es immer nur die Bösen seien, die die Aufmerksamkeit bekämen, nie die Guten. Das ist natürlich ein Kommentar zur Serie: alle lieben den Schurken Walter White, der Anständige Ermittler Hank ist bloß Mittel, um die Handlung spannend zu machen. Spätestens seit Al Capone und den Corleones sind Mafiosi die interessanteren Charaktere als die Unbestechlichen. In der Realität sollen die Guten gewinnen, in der Fiktion fasziniert das Böse.

So ist es auch mit Narcos. Die neue Netflix-Serie erzählt von Aufstieg und Fall Escobars und den Männern, die ihn bekämpft haben. Ähnlich gleichberechtigt wie bei The Wire werden die beiden Seiten dargestellt, wobei Narcos wegen seines Erzählers aus dem Off und den eingestreuten Originalaufnahmen noch dokumentarischer wirkt als Baltimores großes Drogen-Epos. Allerdings ist die Serie mehr als bloßes Reenactment. Erzähler ist zugleich der Protagonist, der DEA-Agent Steve Murphy. Doch leider erweist sich der Ansatz als größtes Manko der ansonsten gelungenen Serie und beweist einmal mehr, dass die Schurken die besseren Helden sind. Denn Murphy ist nicht nur ein fader Charakter, ein Milchbubi, der gerne der tough guy wäre und in der Drogenhölle Kolumbiens zum bad cop mutiert, aber selbst in all den Jahren im Ausland es nicht fertig bringt, Spanisch zu lernen. Man kann ihn nicht ernst nehmen – ganz zu schweigen davon, dass man sich schwerlich für diesen langweiligen Durchschnittsamerikaner interessieren kann. Selbst sein Partner Javier Peña wirkt sympathischer.

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Einer gibt immer acht

Netflix/Twitter

Netflix/Twitter

Zählen wir mal durch, ob auch alle da sind:

  1. Eine Frau jagt sich eine Kugel durch den Kopf.
  2. Ein Polizist in Chicago geht der Sache nach.
  3. Eine Inderin soll einen Mann heiraten, den sie nicht liebt.
  4. Ein Berliner raubt mit seinem Freund ein paar Diamanten und bekommt dafür Ärger.
  5. Eine Isländerin klaut Geld und Drogen und wirft alles wieder weg.
  6. Ein schwuler mexikanischer Schauspieler geht eine Dreierbeziehung ein, die ihn die Karriere kosten könnte.
  7. Eine Koreanerin geht für ihren Bruder in den Knast.
  8. Ein Kenianer versucht sich als Kleinbusunternehmer.
  9. Eine Transsexuelle soll lobotomisiert werden, weil sie angeblich geisteskrank ist. Doch sie ist bloß mit all den oben genannten Menschen mental verknüpft – was auch auf die anderen zutrifft.

Darum geht es in Sense8, der Netflix-Serie von den Wachowskis und J. Michael Straczynski. Acht Menschen, verstreut über die ganze Welt, mit verschiedenen Problemen, können allein mittels Geisteskraft miteinander kommunizieren und Fähigkeiten austauschen, was immer in brenzligen Situationen nützlich ist. Die Koreanerin kann kämpfen (liegt ihr wohl im Blut). Der Berliner Deutsch-Russe kann ballern und skrupellos sein. Die Inderin kann gut mit Chemie umgehen. Der Mexikaner kann gut so tun als ob, also lügen. Der Kenianer kann Autos kurzschließen und kennt alle Filme von Jean-Claude Van Damme auswendig. Der Polizist kann, was gute Polizisten so können, im Zweifel den Helden spielen. Und die Isländerin kann immerhin Isländisch (eine seltene Gabe) – und sieht ganz süß aus.

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Irrfahrt durch die Wüste ins Nichts

AMC

AMC

Es gibt Serien, die setzen Maßstäbe fürs Enden. Es gibt das Sopranos-Ende, das vielleicht brutalste Ende aller Zeiten, es gibt das Lost-Ende, das dem Zuschauer Harmonie vorgaukelt, aber seine Neugier unbefriedigt zurücklässt, es gibt das Breaking Bad-Ende, an dem (für die Charaktere) nichts wirklich gut ist, aber trotzdem storytechnisch alles rund läuft. Wie Mad Men endet, schien wiederum nicht so wichtig. Die Serie lebte nie von Cliffhangern oder einer groß angelegten Handlung, wichtig waren bloß die Charaktere. Die größte Frage, die sich stellte, war, ob Don Draper sein Glück findet oder nicht. Doch wie schon zuvor war nicht entscheidend, was passierte, sondern wie.

ACHTUNG SPOILER!!!

Nun, da ist es, das letzte Bild: Don Draper meditiert an der Küste Kaliforniens inmitten einer Hippie-Gruppe, brummt sein Om und lächelt. Doch ist es nur ein trügerisches Werbeglück, wie es die folgende Coca-Cola-Werbung suggeriert? Oder hat Don etwa die Erleuchtung in Form einer Werbeidee? Und sollte Don mit sich im Reinen sein: Was veranlasst ihn zu diesem Glück? Denn wenig deutet darauf hin, was eine Wende zum Guten verheißt. Die letzten sieben Folgen wirken wie eine Irrfahrt ins Nichts. Und für den Zuschauer ist es kein Genuss, sie mitzuverfolgen.

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Serienloch

Das Schlimmste an der Serie Lost ist nicht ihr Ende, sondern dass sie überhaupt zu Ende geht. Wer kann sie nicht noch spüren, wenn er sich erinnert: diese innere Leere als alles vorbei war und man sich fragte, wie das Leben jetzt weitergehen soll. Ein Dasein ohne Lost schien möglich, aber sinnlos. Von einem so kontinuierlichen Adrenalin-Trip war es nicht leicht, so schnell runterzukommen. Man will eigentlich, dass er immer weitergeht, bis die Nerven vor Spannung reißen, bis man ein seelisches Wrack ist. Aber das Problem ist: im Gegensatz zu jeder anderen Droge gibt es Serien zwar im Überfluss, aber nie ohne Ende, und selten knallt mal eine richtig rein.

Nach Lost kam also erst Mal ein Loch. Man musste sich mit Dingen wie The Wire begnügen, eher ein Downer als ein Upper, Baltimore ist eher das Gegenteil von der mysteriösen Insel, die uns zu einem zweiten Zuhause geworden war, es verlangte ein anderes Sehen – und doch wurde jeder belohnt, der einen langen Atem hatte. Und dann war da noch so eine neue Serie namens Breaking Bad, ganz nett für den Anfang … Aber dann: Mit jeder neuen Staffel wurde klar, dass hier der Serienjunkie wieder drauf war. Nicht auf Adrenalin, sondern auf blauem Crystal Meth – dem so ziemlich feinsten Shit ever. Wie bei Lost, nur viel besser, weil ohne eine sich irgendwann totlaufende Selbstüberbietung, erlebte man die Höhen und Tiefen, als wäre man selbst einem Wechsel von Trip und kaltem Entzug ausgesetzt, als hinge das eigene Leben davon ab.

Und was machen wir seitdem? Boardwalk Empire – ganz schön, The Leftovers – großartiger Geheimtipp, Silicon Valley – sehr witzig, Fargo und True Detective waren super, aber leider kommt bei Anthologie-Serien keine echte Sucht auf. Mad Men ist eher ein Leisetreter und außerdem schon zu Ende … Bis auf House of Cards erreichte keine Serie bisher dieses Gefühl eines Allzeithochs, aber da kriegt der Junkie zwar die volle Dröhnung mit 13 Folgen auf einmal, aber auf die muss er jeweils ein Jahr warten. Aber trotz des Erfolges ist House of Cards weit entfernt davon, Kunst und Mainstream zu versöhnen, wie Lost oder Breaking Bad es getan haben. Die Serie ist hervorragend gemachte, anspruchsvolle Unterhaltung für Menschen, die beim Schauen gerne ihr Hirn einschalten. Der Rest guckt Game of Thrones oder The Walking Dead

Warum fehlen die Kicks? Weil wir verwöhnt, weil wir verdorben sind. Mit jeder genialen, großartigen, weltbewegenden Serie steigt der Anspruch an die nächste. Es ist der Fluch des Quality TV: Die Qualität muss ständig steigen, um die Zuschauer noch umzuhauen. Gierig durchstöbern wir das Angebot von HBO oder Netflix, geifernd nach dem nächsten Knaller. Alle Hoffnung ruht auf den großen Innovatoren. Daredevil haben wir verschlungen, es ist wohl die beste Superheldenserie aller Zeiten, irgendwann in diesem Jahr erscheint auch Jessica Jones, die nächste Marvel-Serie. Im Juni kommt Sense8 von den Wachowskis, vielleicht wird das ja das nächste Lost, hoffentlich besser (zugegeben: die Wachowskys haben seit Matrix nix Anständiges mehr gemacht, aber Co-Autor ist J. Michael Straczynski, daher besteht Hoffnung). Und HBO hat Westworld in der Mache. Selbstverständlich freut sich die Twin Peaks-Fangemeinde auf eine dritte Staffel mit 18 Folgen, die auch noch alle von David Lynch gemacht und mitgeschrieben werden. Doch wahrscheinlich ist das nächste geniale Ding wieder mal eine Serie, mit der niemand rechnet.

Früher waren Serien gut, wenn wir dabei abschalten konnten, aber nicht weggeschaltet haben. Heute dürfen sie nicht weniger als süchtig machen, sonst sind sie bloß ein schnell vergessener Zeitvertreib. Aber wie viel besser kann es noch werden, um den wachsenden Maßstäben gerecht zu werden? Wir leben in einer dekadenten Epoche, die geprägt ist von binge watching, Serienjunkietum und Snobismus. Wir versinken in Lethargie, weil der Luxus uns lähmt – deshalb wird es immer schwieriger, den Ansprüchen gerecht zu werden und die Zuschauer aus dem Koma zu wecken. Das ist Flucht und Segen zugleich.

Blinder Katholik in Teufelsküche

Netflix

Netflix

Nach den ersten 13 Episoden von Marvel’s Daredevil auf Netflix kann man sagen: Die Serie ist geglückt und macht Lust auf mehr. Das Cinematic Universe ist um einen Helden und einige Charaktere reicher.

Da hat man sein Jura-Studium mit Bravour beendet, sein Referendariat bei einer großen Kanzlei gemacht, doch statt seine Seele an den Teufel zu verkaufen und reiche Arschlöcher zu vertreten, macht man eben seine eigene auf, um den kleinen Mann zur Gerechtigkeit zu verhelfen. Doch was tun, wenn all die hohen Ideale, die man als junger Mann hat, nicht einsetzen kann, weil die Klienten ausbleiben? Dann ist es von Vorteil, wenn man in der Kampfkunst trainiert ist: Man legt sich eine Maske zu und macht nachts die Stadt unsicher, um die bösen Buben zu verhauen. Das geht meist schneller, als die Mühlen der Justiz mahlen zu lassen. Man muss nur darüber hinwegsehen, dass es eigentlich gegen die Regeln ist, die man als Anwalt verteidigen will. Aber für einen Blinden dürfte das kein Problem sein.

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Das Kartenhaus stürzt ein

Netflix

Netflix

Serienschauen ist harte Arbeit. Ein anstrengender Lustgewinn. Etwa bei House of Cards. Als die dritte Staffel bei Netflix herauskam, war das vergangene Wochenende für unzählige Junkies verplant. Ich habe etwas länger gebraucht, aber trotzdem kam es mir vor, als hätte ich die 13 Folgen verschlungen. Schneller kann die Zeit kaum vergehen als beim Genuss dieses Meisterwerks der Serienkunst. Auch wenn das Zuschauen dieses Mal auch schmerzlich war. Es wird Zeit brauchen, diese vielen Eindrücke, diesen Sturm an Emotionen zu verarbeiten. Zeit für ein wenig Kontemplation.

[ACHTUNG: SPOILER!!! Weiterlesen auf eigene Gefahr!]

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Showtime für Jimmy

AMC

AMC

Die Serie Better Call Saul macht da weiter, wo Breaking Bad aufgehört hat. Im gleichen Stil und mit schwarzem Humor wird erneut die Geschichte eines Mannes erzählt, der das Gute will und das Schlechte schafft. Kurz: erneut geht es um das Abdriften eines Mannes auf Abwege. Dieses Mal ist es kein rechtschaffener Durchschnittsbürger und Chemielehrer, sondern ein mittelmäßiger Pflichtverteidiger namens James „Jimmy“ McGill, der später – wie die Fans wissen – als Anwalt Saul Goodman Karriere machen wird. Warum? Weil sein erstes Talent das Reden ist und sein zweites die Dreistigkeit (aber das entdeckt er erst im Laufe der Serie).

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