Der magische Moment von Star Wars beginnt bereits mit dem blauem Schriftzug auf schwarzem Grund: „Es war einmal, vor langer Zeit, in einer weit, weit entfernten Galaxis.“ Und mit dem gelben Titel, der – begleitet von Fanfaren – in die Leinwand springt, wird diese fantastische Vergangenheit plötzlich ganz gegenwärtig. Das Publikum im Kinosaal jubelt: Endlich ist es wieder da, dieses Gefühl von damals, als man zum ersten Mal diese Schrift sah und in das Abenteuer eintauchte. Und es ist ganz egal, welchen der sechs Filme man am liebsten mag oder ob man einige von ihnen verachtet, das Gefühl des Neubeginns einer weiteren Episode ist immer dasselbe: kindliche Vorfreude, wie Weihnachten vor dem Auspacken der Geschenke.
Star Wars ist mehr als eine Filmreihe oder ein Franchise – es ist ein Mythos. Und wie jeder Mythos hat er sich längst verselbständigt, verwandelt in tausend Gestalten. Doch eines ist immer gleich geblieben: das Gefühl des Wiedersehens mit alten Freunden. Genau das leistet Episode VII und hat damit bereits der Prequel-Trilogie das Wichtigste voraus. Es geht nicht zurück zum Ursprung der Geschichte, sondern zum Ursprung des emotionalen Mittelpunkts der Reihe, den Charakteren Luke und Leia, Han Solo und Chewbacca. Endlich erfährt man, wie es mit ihnen weitergeht.
2014 war ein gutes Kinojahr. Ein sehr gutes sogar.Und das Beste: Endlich ist diese unsäglich-aufgeblasene Hobbit-Trilogie zu Ende gegangen. Jetzt kann sich Peter Jackson etwas Vernünftigerem widmen, zum Beispiel dem nächsten Tim und Struppi-Film. Aber fangen wir noch mal von vorn an: Das Kinojahr begann mit einer starken Auswahl zur Oscarverleihung (einige der nominierten Filme kamen bei uns erst in diesem Jahr raus). Dann legte Wes Anderson mit Grand Budapest Hotel ein weiteres Meisterwerk vor. Boyhoodwar ein nettes Filmchen – wird aber von den Kritikern zu sehr gehypt. Captain America überraschte uns damit, wie zeitgemäß ein altbackener Held sein kann. Und Bryan Singer hat mit seiner Rückkehr zu den X-Men in ihrem siebten Film dem Franchise zu neuer Höhe verholfen. Unerwartet gut debütierten die bis dato unbekannten Guardians of the Galaxy – damit bewies Marvel am besten, dass es Blockbuster mit Mut zum Frischen und Unbekannten produzieren kann. Und Planet der Affen: Revolution war auch ganz unterhaltsam.
Im Herbst verstörte uns David Finchers Gone Girl so nachhaltig, dass wir seitdem Angst haben, das Bett mit einer Frau zu teilen. No Turning Back war mal wieder ein schönes Kammerspiel im Buried-Stil. Chadwick Boseman lehrte uns in Get On Up, James Brown als den Godfather of Soul zu verehren. Und Jake Gyllenhaal erschreckte uns in Nightcrawler, indem er die Fratze der Fernsehnachrichten zeigte und beerbte damit „Taxi Driver“ Robert DeNiro. Im Genre Dokumentation beeindruckten die Fotos von Sebastiao Salgado (im ansonsten drögen Das Salz der Erde von Wim Wenders) und Nick Cave als Selbstinszenierer in 20.000 Days On Earth (zugegeben: nur eine halbe Dokumentation).
Doch es gab auch einige Enttäuschungen: Interstellar, The Amazing Spider-Man 2, Snowpiercer, American Hustleund vor allem Her. Christopher Nolan sollte sich künftig weniger wichtig nehmen, das würde seinen Filmen mehr Leichtigkeit verleihen. Spider-Man steckt seit seinem Reboot zu sehr in der Wiederholungsschleife fest und bleibt hinter den Standards zurück, die Marvel sonst mit seinen Superheldenfilmen setzt. Snowpiercer war bei weiten nicht so genial wie die Kritiker behaupteten, im Gegenteil: eigentlich eine stupide Keilerei in einem sinnfreien Szenario, das selbst als Allegorie nicht viel hergibt. Was an American Hustle toll sein soll, ist uns schleierhaft. Und Her war mit Abstand der langweiligste Film des Jahres – aber leider hielt uns der Ärger vom Einschlafen ab.
Das neue Kino-Jahr wird vielversprechend: Wir kriegen viel Science Fiction, Dinos und vor allem viele Superhelden geboten. Doch zunächst die Award-Season. St. Vincent(8.1.) soll mal wieder Bill Murray in Bestform zeigen. Der große Trip – Wild (15.1.) ist ein Wanderer-Drama mit Reese Witherspoon und Oscar-Potenzial. Eine Woche später läuft The Imitation Game mit Benedict Cumberbatch als Mathematiker Alan Turing an.
Es braucht nicht viel zum Glück. Nur einen Millennium-Falken, der vor ein paar imperialen Sternjägern abhaut, ein rotes Laserschwert, das in einem finsteren Wald ausgefahren wird und dann noch ein paar Fanfaren, die die richtige Melodie spielen. Star Wars wirkt immer. Wie Heiligabend für Kinder. So sind die anderthalb Minuten an Filmausschnitten, die der erste Trailer zeigt, auch das wohl größte Weihnachtsgeschenk, das in diesem Jahr verteilt wird – und zwar gratis. An Millionen Fans, die glücklich vor den Laptops sitzen und sich freuen wie Lottogewinner. Nicht nur wegen der Bilder, die sie jetzt in ihren Köpfen und Herzen tragen werden, sondern auch wegen der Vorfreude, die sie ein Jahr lang nähren dürfen bis der neue Star Wars-Film erscheint. Endlich ist das abstrakte Projekt, die Fortsetzung der Saga, konkret, greifbar, spürbar – als das, was der Titel behauptet: das Erwachen der Macht.
Auf J.J. Abrams ruht unsere neue Hoffnung: Zum nächsten Weihnachten wird er uns reich bescheren. Möge die Macht mit ihm sein.
Es ist vielleicht diese kurze Einleitung, die dem Weltraumfilm Gravity sein Gewicht verleiht: „At 372 miles above the earth there is nothing to carry sound, no air pressure, no oxygen. Life in space is impossible.“ Was folgt ist eine anderthalbstündige und eindrückliche Demonstration, was das Weltall ist: ein tödliches Nichts. Nach diesem Horror-Trip, wenn man wieder tief Luft holen kann, bleibt einem nichts anderes übrig, als sich des Lebens auf der Erde zu freuen. So etwas Selbstverständliches und Banales wie Sauerstoff und Gravitation scheinen plötzlich Segen zu sein.
Dennoch treiben sich immer wieder Menschen da oben herum. Lassen sich mit Höllenexplosionen aus der Atmosphäre schießen und in der Schwerelosigkeit durch enge Kapseln treiben, nur ein paar Zentimeter vom Tod durch Ersticken, Erfrieren oder Platzen entfernt. Jetzt schon mehr als 50 Jahre. Viel ist dabei bisher nicht herumgekommen – außer einem Spaziergang auf einem öden Gesteinsbrocken, den wir Mond nennen. Und ob die Missionen wirklich stattgefunden haben, wird wahrscheinlich mittlerweile von mehr Menschen bezweifelt als angenommen.