Sie ist die Frage aller Fragen. Jedenfalls für Geisteswissenschaftler. Was soll man mit einem Abschluss in Literatur machen? Die Mittzwanzigerin Corinna hat die Frage pragmatisch für sich beantworet: Sie ist Texterin bei einer Werbeagentur. Was sonst sollte sie auch tun? Doch sie hat sich ihr Leben anders vorgestellt, als sich Claims für Kinderparfum einfallen zu lassen. Eigentlich wollte sie Schriftstellerin werden und die Werbung sollte nur für den Übergang sein, um Geld zu verdienen. Doch in den vergangenen fünf Jahren hat sie nichts als Werbetexte geschrieben. Jetzt lässt ihr Enthusiasmus nach – was auch andere merken. Corinna ist darüber hinaus auch einsam, kennt außerhalb der Arbeit niemanden in New York. Für den Thrill im Alltag klaut sie hin und wieder eine Zeitschrift aus einem Supermarkt.
Das alles hört sich an wie eine typische „Wer-kennt-das-nicht-Geschichte“, eine Story über Luxusprobleme einer verwöhnten Gesellschaft. Und leider ist sie das auch. Michael Cho erzählt in seinem ersten eigenen Comic eine kurze Geschichte über eine Frau in einer existenziellen Sackgasse, aber er geht nicht über die gängigen Topoi einer Großstadtgeschichte hinaus: Die wohlhabende, gebildete Frau, der es äußerlich an nichts fehlt, aber die sich innerlich leer fühlt, weil ihre Arbeit in der Werbeagentur sie nicht ausfüllt. Diese Leere versucht die Werbefrau, die Prostituierte des Kapitalismus, zu füllen, indem sie sich heimlich etwas von ihm zurückholt, indem sie nur bei Ketten stiehlt. Die Überflüssige bedient sich beim Überfluss, um mit ihm gleichauf zu sein – ein allzu plakatives Konstrukt. „Wir sind die Träumer des Kapitalismus“, sagt Corinnas Vorgesetzter einmal über die Werbebranche. Corinna träumt im Gegenzug von Dingen, die ihr der Kapitalismus nicht geben kann. Aber dass dieser Traum in des Heilsversprechens in einem radikalen „Tu-was-du-willst“ aufgehen soll, wie das Ende verheißt, wirkt dann doch zu naiv.
Aber da sind noch die Panels. Cho schafft mit seinem schlichten und klaren Zeichenstil, der mit Darwyn Cooke vergleichbar ist, ausdrucksstarke Bilder, die er durchgehend nur mit Rosa koloriert. So entstehen einige Momente von intimer Schönheit, aber auch spektakuläre Stadtpanoramen, in dessen Gewimmel man sich verlieren kann. Fast 100 Seiten lang wird immerhin eine Augenweide geboten – wenn schon sonst wenig Neues. Dem Erstling sei es verziehen, falls da mal noch Reiferes kommen sollte.
>> Michael Cho: Shoplifter. Mein fast perfektes Leben, Egmont Graphic Novel 2015.